Preisnachlässe von bis zu 10.000 Euro bieten die Konzernmarken VW, Audi, Porsche und Skoda an, wenn sich Besitzer älterer Dieselautos für den Kauf eines umweltfreundlicheren Neuwagens entscheiden. Volkswagen wolle damit einen spürbaren Beitrag zu einer besseren Luftqualität in den Städten leisten, erklärte der wegen des Abgas-Skandals unter Druck gekommene Dax-Konzern am Dienstag. Auch BMW, Daimler und andere Hersteller haben Kaufprämien in Aussicht gestellt. Die Autoindustrie könnte so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Dieselfahrverbote in Städten mit hoher Luftverschmutzung vermeiden und zugleich den Pkw-Absatz ankurbeln. Das Potenzial ist gewaltig: Nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes fahren rund 6,4 Millionen alte Dieselautos in Deutschland.

Die Angebote gelten für Diesel-Pkw der Schadstoffklassen Euro 4 und älter - und zwar bis Ende des Jahres. Kunden müssten die Verschrottung des Autos wie bei der Abwrackprämie 2009 nachweisen und den alten Dieselwagen mindestens sechs Monate lang gehalten haben. "Uns ist wichtig, dass die Fahrzeuge nicht wieder woanders in Verkehr gebracht werden", sagte VW-Vertriebschef Jürgen Stackmann.

Je nach Neuwagenmodell bietet die Marke Volkswagen Prämien zwischen 2000 und 10.000 Euro an. Beim Kauf eines Golf sind es beispielsweise 5000 Euro. Bei Audi belaufen sich die Preisnachlässe auf 3000 bis 10.000 Euro, sie sollen auch bei jungen Gebrauchtwagen gelten. Porsche bietet beim Kauf eines seiner drei SUV-Modelle 5000 Euro Rabatt europaweit an. Bei Audi und Volkswagen erhöhen sich die Prämien, wenn der Kunde ein Erdgas-, Hybrid- oder Elektroauto anschafft. Einschließlich der staatlichen Kaufprämie für Elektroautos kann ein e-Golf mit einem Listenpreis von knapp 36.000 Euro den Angaben zufolge um fast ein Drittel billiger werden.

DER STAAT HILFT DIESES MAL NICHT

Auf eine staatliche Diesel-Abwrackprämie habe Volkswagen nicht warten wollen - und sie wohl auch nicht erwarten können, wie Stackmann erklärte. "Wir können nicht darauf setzen, dass uns der Staat in dieser Phase hilft." Der VW-Konzern steht im Zentrum der Abgas-Affäre. Die Aufarbeitung der Tricksereien kostete das Unternehmen bislang mehr als 22 Milliarden Euro - maßgeblich in den USA, wo die Behörden zuerst auf Unregelmäßigkeiten aufmerksam wurden.

Inzwischen stehen diesseits des Atlantiks fast alle Autobauer am Pranger, weil sie gesetzliche Grauzonen in der EU über die Maßen ausnutzten und den Ausstoß gesundheitsschädlichen Stickoxids im normalen Straßenbetrieb zu wenig drosselten. Damit sparten sie Geld bei der Abgasreinigung und ersparten den Kunden häufiges Nachfüllen des Harnstoffgemischs zum Neutralisieren der Schadstoffe. Die Folge: Vor allem in Großstädten ist die Luftverschmutzung seit langem höher als von der EU erlaubt. Stuttgart und München stehen nach Klagen von Umweltverbänden deshalb vor Fahrverboten für ältere Dieselautos.

Bei den Kunden sorgt das für große Verunsicherung, die Neuzulassungen für Dieselautos in Deutschland und anderen europäischen Ländern sind stark rückläufig. Im Juli hätten die Rabatte im Handel ein Rekordhoch erreicht, erklärte Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen. "Die Autobauer spüren die hochgradige Verunsicherung der Neuwagenkäufer", erklärte er. "Um den stockenden Neuwagenverkauf in Gang zu bringen, werden daher die Verkaufsprämien oder Rabatte nochmals erhöht."

Auch Daimler kündigte am Dienstag an, Neuwagenkäufer mit einer Prämie zu locken: Wer noch in diesem Jahr einen umweltfreundlichen Mercedes kauft, kann mit 2000 Euro rechnen.

AUCH DIE NEUEN MODELLE SIND NICHT GANZ SAUBER

Ob die jüngeren Diesel-Fahrzeuge das Problem wirklich lösen, ist allerdings umstritten. Denn auch Autos der Schadstoffklassen 5 und 6 müssen zu einem großen Teil nachgerüstet werden: Auf dem Diesel-Gipfel in der vergangenen Woche hatte die deutsche Autoindustrie zugesagt, dies über Software-Updates zu machen. Etliche Experten und Umweltverbände sind jedoch der Meinung, dass dies nicht reicht und auch technische Umbauten nötig sind. Für die Autobauer wäre das ungleich teurer als die Software-Lösung, für die die Branche insgesamt 500 Millionen Euro kalkuliert.

Wieviel Volkswagen für die Prämienaktion veranschlagt, wollte Stackmann nicht sagen. "Wir haben darauf verzichtet, das Projekt zu deckeln", sagte er. Nach den Erfahrungen der Abwrackprämie 2009, als der Staat mit Zuschüssen dem Automarkt über die Krise hinweghalf, rechne VW mit großem Zuspruch.

Die ausländischen Hersteller halten sich zum Thema Nachrüstung bislang bedeckt. Die Mitgliedsunternehmen prüften das noch, erklärte der Importeursverband VDIK. Allerdings kündigten Ford und Toyota ebenfalls schon Kaufprämien an. "Wir erwarten, dass weitere nicht-deutsche Marken folgen werden, um den Verlust von Marktanteilen zu verhindern", erklärte Arndt Ellinghorst, Autoexperte vom Investmentberater Evercore ISI. Das könne gut eine halbe Million mehr Jahresabsatz bringen.