Zwar schrumpfte der Betriebsgewinn zu Jahresbeginn um vier Prozent auf 4,2 Milliarden Euro. Doch lag das vor allem an Finanzinstrumenten, die Volkswagen jetzt anders verbucht. Bereinigt um diesen Effekt, stieg das Ergebnis im Vergleich zum Vorjahr leicht. Analysten zeigten sich beeindruckt von der Ertragskraft von Volkswagen und erwarten, dass der weltgrößte Autokonzern seine Rekordfahrt unter dem neuen Chef Herbert Diess beschleunigt. "Der Markt hofft auf weitere Ertragssteigerungen durch Diess und freut sich, dass die Dieselgate-Risiken zum großen Teil abgearbeitet sind", sagte Frank Schwope von der NordLB. Die VW-Aktie legte zeitweise mehr als vier Prozent zu und war größter Gewinner im Leitindex Dax.

Volkswagen stecke die Lasten der Dieselkrise scheinbar mühelos weg, meinten mehrere Experten. Autoanalyst Arndt Ellinghorst vom Londoner Investmentberater Evercore ISI verwies darauf, dass Volkswagen seit Anfang 2017 mehr als 17 Milliarden Euro für die Bewältigung des Dieselskandals gezahlt habe. Dennoch liege die Netto-Liquidität stabil bei 24 Milliarden Euro. "Das muss man sich mal vor Augen halten, bei aller Kritik in der letzten Zeit an Volkswagen." Dabei habe Diess noch gar nicht damit begonnen, die versteckten Kraftreserven des Mehr-Markenkonzerns freizulegen.

MARKE SKODA MIT GRÖSSTEM GEWINNWACHSTUM

Analyst Schwope rechnet bereits für 2018 mit einem weiteren Rekordjahr. Er gehe zwar davon aus, dass die Dynamik im Laufe des Jahres etwas abnehme. Volkswagen werde die Auslieferungen aber voraussichtlich um fünf Prozent auf mehr als elf Millionen Fahrzeuge steigern und damit Weltmarktführer vor Toyota bleiben. Das robuste Geschäft ist Voraussetzung dafür, dass der neue Konzernchef den Umbau vorantreiben kann. Denn nur so fließt ausreichend Geld in die Kassen, um die hohen Investitionen in die Elektromobilität, autonomes Fahren und neue Mobilitätsdienste zu stemmen.

Bei den einzelnen Marken, die Diess künftig in Gruppen bündeln will, stach erneut der tschechische Hersteller Skoda hervor, der sein Ergebnis um 5,3 Prozent auf 437 Millionen Euro steigerte. Den größten Zuwachs verbuchte - allerdings auf niedrigerem Niveau - die spanische Schwester Seat, die den Betriebsgewinn um die Hälfte auf 85 Millionen Euro steigerte. Die Hauptmarke VW, bei der Diess neben seinen Aufgaben als Konzernchef auch künftig alle Fäden in der Hand behält, legte nur leicht auf 879 Millionen Euro zu. Grund waren negative Wechselkurseffekte und Investitionen in die Elektrooffensive, die das Ergebnis belasteten. Der Ingolstädter Oberklassehersteller Audi verbuchte einschließlich dem Luxussportwagenhersteller Lamborghini und der Motorradmarke Ducati ein Ergebnis von 1,3 (Vorjahr 1,2) Milliarden Euro. Die Sport- und Geländewagenmarke Porsche, die künftig an der Spitze der "Superpremiumgruppe" steht, kam wegen höherer Kosten beim Gewinn nur einen kleinen Schritt voran.

UMBAU SOLL KRÄFTE WECKEN

Trotz des Dämpfers beim Gewinn zu Jahresbeginn bekräftigte das Management den Ausblick für den Konzern im laufenden Jahr. Demnach soll der Umsatz um bis zu fünf Prozent steigen und die operative Rendite zwischen 6,5 und 7,5 Prozent liegen. Analysten hatten dieses Ziel in den vergangenen Monaten als wenig ambitioniert kritisiert. Im Auftaktquartal sank die Marge wegen der neuen Rechnungslegung und anderen Effekten auf 7,2 von 7,8 Prozent vor einem Jahr. Bereinigt um die Sondereffekte blieben nach Berechnungen von Analysten 8,2 Prozent als operativer Gewinn vom Konzernumsatz hängen, der auf 58 Milliarden Euro kletterte.

Diess hatte Mitte April überraschend Matthias Müller an der Spitze des weltgrößten Autokonzerns abgelöst. Er baut die Führung in sechs Geschäftsfelder um, wobei die Marken künftig in den Segmenten Massenmarkt, Premium und Luxus gebündelt werden. So will Diess erreichen, dass der schwerfällige Tanker wendiger wird und Doppelarbeiten vermieden werden. Unternehmenskenner gehen davon aus, dass Volkswagen dadurch schlummernde Kräfte freisetzen kann und der Gewinn steigt. Insider halten schon in drei, vier Jahren einen Betriebsgewinn von 25 Milliarden Euro für möglich. Im vergangenen Jahr lag das Ergebnis vor Sondereinflüssen bei 17 Milliarden Euro, ein Rekord. Davon flossen für die Aufarbeitung des Dieselskandals weitere Milliarden ab. Dennoch war der Reingewinn mit 11,6 Milliarden Euro beinahe doppelt so hoch wie im Vorjahr. Zu Jahresbeginn hielten sich die Mittelabflüsse durch Dieselgate in Grenzen.