Tokio (awp/sda/reu) - Unter dem Druck eines milliardenschweren Fehlschlags in seiner US-Atomsparte opfert Toshiba Teile seines lukrativen Kerngeschäfts mit Halbleitern. Der japanische Industrieriese kündigte am Freitag an, bis zu 20 Prozent seiner Chip-Sparte zu verkaufen.

Der Bereich ist das Filetstück von Toshiba und ein Verkauf ein drastischer Einschnitt. Der von einem Bilanzskandal geschwächte Konzern sieht sich dazu gezwungen, weil ihn explodierende Kosten bei einem jüngst in den USA zugekauften Hersteller von Atomkraftwerken in Bedrängnis bringen.

Toshiba stellt das Nukleargeschäft nun auf den Prüfstand. Weil der Anteil der Chip-Sparte nur einen Bruchteil der US-Abschreibungen ausgleichen dürfte, könnte sich das Unternehmen zudem bald von weiterem Tafelsilber trennen.

Interesse am Chip-Geschäft haben Insidern zufolge unter anderem die Finanzinvestoren Silver Lake und Permira. Die von der Tokioter Regierung gestützte Japanische Entwicklungsbank ist demnach auch im Rennen. Doch auch der amerikanische Festplatten-Spezialist Western Digital, mit dem Toshiba eine Fabrik betreibt, soll den Finger gehoben haben.

WETTBEWERBSRECHTLICHE FRAGEZEICHEN

Allerdings könnten hier kartellrechtliche Einwände den Branchenpartnern einen Strich durch die Rechnung machen. Zumal Toshiba kräftig aufs Tempo drückt und das Geschäft noch in dem bis Ende März laufenden Geschäftsjahr abschliessen will.

Die Zeit wird knapp, denn die Abschreibungen auf das AKW-Geschäft in den USA belaufen sich Medien zufolge auf sechs Milliarden Dollar und drohen Toshiba in finanzielle Turbulenzen zu stürzen. Es wird damit gerechnet, dass das Management die Höhe der Wertberichtigung am 14. Februar zusammen mit den Zahlen vom dritten Quartal bekanntgeben wird.

WEITERE VERKÄUFE GEPLANT

Mit dem Teilverkauf der Chip-Sparte hofft Toshiba Insidern zufolge, umgerechnet mehr als 1,6 Milliarden Euro einzunehmen. Da damit aber nur ein Bruchteil der Belastungen aus den USA ausgeglichen werden kann, erwägt der Konzern weitere Verkäufe.

Für die Chip-Abteilung ist auch ein Börsengang im Gespräch. Sie ist nach dem südkoreanischen Elektronikkonzern Samsung der weltweit grösste Produzent jener Halbleiter, die vor allem in USB-Sticks, SD-Karten und MP3-Playern zum Einsatz kommen. Die Sparte steuert den Grossteil des Toshiba-Gewinns bei. Das Konglomerat produziert auch Laptops, Industrieanlagen, und Aufzüge.

Die US-Atomtochter Westinghouse, die den folgenreichen Kauf des AKW-Bauers tätigte, steht nun unter direkter Kontrolle von Konzernchef Satoshi Tsunakawa. Sie gehöre zudem nicht mehr zum Kerngeschäft, erklärte er.