Zürich/London (Reuters) - Die Affäre rund um die vor der Insolvenz stehende Greensill Capital zieht bei der Credit Suisse weitere Kreise.

Der bei der Großbank für das Fondsgeschäft in der Schweiz und in Europa zuständige Michel Degen wird seine Funktion vorläufig nicht weiter ausüben, wie es in einer der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch vorliegenden internen Mitteilung des globalen Asset Management-Chefs Eric Varvel an die Belegschaft heißt. Ebenso würden zwei weitere Mitarbeiter ihre Aufgaben vorerst niederlegen.

Vergangene Woche hatte Credit Suisse angekündigt, vier gemeinsam mit Greensill betriebene Lieferketten-Finanzierungs-Fonds mit einem Gesamtvolumen von rund zehn Milliarden Dollar aufzulösen und den Anlegern die verfügbaren Barmittel zurückzuzahlen. Am Montag meldete Greensill dann Insolvenz an, nachdem die britisch-australische Finanzgesellschaf den Versicherungsschutz für sein Umschuldungsgeschäft verloren hatte. Degen gilt als treibende Kraft hinter den Credit-Suisse-Fonds. Er und die beiden anderen Angestellten des Instituts konnten für eine Stellungnahme vorerst nicht erreicht werden. Bis auf weiteres übernehme Filippo Rima zusätzlich zu seiner Leitung des Aktienfonds-Geschäfts in der Schweiz und Europa Degens Aufgaben.

Gleichzeitig versucht Credit Suisse, einen Überbrückungskredit in Höhe von etwa 140 Millionen Dollar von einer Greensill-Gesellschaft in Australien zurückzubekommen. Insidern zufolge beauftragte die Bank McGrathNicol mit der Aufgabe. Credit Suisse und McGrathNicol lehnten Stellungnahmen ab, bei Greensill war vorerst niemand zu erreichen.

Wieviel die Investoren bei einer Greensill-Insolvenz zurückerhalten, ist unklar. Der japanische Versicherer Tokio Marine will die Gültigkeit von Versicherungspolicen untersuchen, die der Konzern Greensill zur Verfügung gestellt hatte. Australischen Gerichtsunterlagen zufolge hatte eine Tokio Marine-Tochtergesellschaft 4,6 Milliarden Dollar an Deckung für Greensill-Kreditanleihen bereitgestellt. "Wir haben Bedenken hinsichtlich der Gültigkeit aller Greensill-Policen und führen eine Untersuchung durch", sagte ein Sprecher von Tokio Marine.

Falls die Kreditvergabepraktiken von Greensill nicht den im Versicherungsvertrag festgelegten Standards entsprachen oder mit den üblichen Buchhaltungsregeln unvereinbar waren, hätten Versicherer nach Ansicht von Experten Anlass, die Anwendbarkeit der vereinbarten Deckung anzufechten.

Ein möglicher Teilverkauf von Greensill Capital an den zu Apollo gehörenden Lebensversicherungs-Abwickler Athene rückt derweil immer weiter in die Ferne. Die Gespräche seien ins Stocken geraten wegen des US-Fintechs Taulia, schrieb die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insider. Laut einem Bericht der Zeitung "Wall Street Journal" will die US-Bank JP Morgan einspringen. JP Morgan wolle 3,8 Milliarden Dollar zur Verfügung stellen und die Finanzierung für die Kunden auf der Taulia-Plattform übernehmen, die bislang von Greensill gestellt wurde, schrieb die Zeitung. Ein Sprecher von Taulia erklärte, das Fintech stehe in Kontakt mit Apollo bezüglich Greensill. Das Unternehmen bemühe sich, weiter Finanzierungen für seine Kunden bereit zu stellen.