ESSEN (awp international) - Der deutsche Industrie- und Stahlkonzern Thyssenkrupp hat seine Erholung auch im dritten Quartal fortgesetzt. Auftragseingang, Umsatz und Ergebnis verbesserten sich im Vergleich zum pandemiebedingt schwachen Vorjahr spürbar, wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte. Dabei profitierten die Essener von einer fortgesetzten Erholung der Nachfrage der Industrie sowie ihrem Sanierungsprogramm, das weiter Früchte trägt. Allerdings verhinderten hohe Rohstoffpreise in der Stahlsparte, die nur verzögert weitergereicht werden können, sowie Lieferengpässe im Automobilzuliefergeschäft ein besseres Ergebnis. Die Jahresprognose wurde bestätigt.

"Das Umfeld bleibt extrem herausfordernd, aber was wir selbst in der Hand haben, das liefern wir", kommentierte Vorstandschefin Martina Merz. So wurden im dritten Quartal (per Ende Juni) die Auftragseingänge mit 8,8 Milliarden Euro fast verdoppelt. Der Umsatz nahm um 51 Prozent auf 8,7 Milliarden Euro zu. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) verbesserte sich signifikant auf 266 Millionen Euro. Im Vorjahr stand hier ein Fehlbetrag von 693 Millionen Euro zu Buche. Aber auch gegenüber dem Vorquartal konnte sich Thyssenkrupp hier steigern. Analysten hatten beim operativen Ergebnis mit etwas weniger gerechnet. Die operativen Zahlen beziehen sich auf das fortgeführte Geschäft, sprich ohne die im vergangenen Sommer verkaufte Aufzugsparte. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von 125 Millionen Euro hängen, nach einem Verlust von 678 Millionen Euro im Vorjahr.

Alle Bereiche konnten zu dem Wachstum beitragen, besonders gut entwickelte sich dank der stark gestiegenen Stahlpreise das Handelsgeschäft. Dies konnte operativ ein Rekordergebnis erzielen und schnitt dabei deutlich besser ab als von Analysten erwartet.

Auch das Stahlgeschäft selbst profitierte von der steigenden Nachfrage. Allerdings lag das bereinigte operative Ergebnis deutlich unter den Schätzungen der Analysten. Die Entwicklung wurde durch die stark gestiegenen Rohstoffpreise gebremst. Durch langfristige Verträge kann Thyssenkrupp höhere Preise nur zeitverzögert an seine Kunden weiter geben. Zudem hat Thyssenkrupp mit der Instandsetzung eines Hochofens in Duisburg begonnen, was zu Produktionseinschränkungen führt, vor allem dann im vierten Quartal.

"Auch beim Stahl hat die deutliche Verbesserung im dritten Quartal gezeigt, dass wir Fortschritte machen", erläuterte Finanzvorstand Klaus Keysberg, der auch für das Stahlgeschäft verantwortlich ist. "Der positive Ergebniseffekt kommt. Wir werden ihn bei uns nur später sehen als beim Wettbewerb."

Auch beim Automobilzuliefergeschäft wurde das Wachstum gebremst - Lieferengpässe bei Halbleitern und diversen Vormaterialien sorgten für verzögerte Abrufe von Komponenten durch die Kunden. Dazu kam es zu Kostensteigerungen bei Material und Logistik, die das Ergebnis belasteten. Dennoch konnte die Sparte Umsatz und Ergebnis deutlich steigern, auch wenn Analysten beim bereinigten operativen Ergebnis etwas mehr erhofft hatten. Die Halbleiterknappheit wird sich Thyssenkrupp zufolge voraussichtlich auch auf das vierte Quartal auswirken und das Geschäft weiter belasten, ehe sich die Versorgungslage ab dem kommenden Geschäftsjahr sukzessive normalisieren dürfte.

Die Jahresprognose bekräftigte Thyssenkrupp. Dabei geht das Management für das Schlussquartal von einer anhaltenden wirtschaftlichen Erholung und strukturellen Verbesserung der Geschäfte aus. 2020/21 soll der Umsatz im niedrigen zweistelligen Prozentbereich wachsen, von 28,9 Milliarden Euro im Vorjahr, jedoch noch unter dem Niveau vor der Corona-Pandemie bleiben. Das bereinigte operative Ergebnis soll einen mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrag erreichen, nach einen Pro-forma-Verlust von 1,8 Milliarden Euro im Vorjahr. Wegen der hohen Restrukturierungskosten prognostiziert das Unternehmen weiterhin einen Nettoverlust bis zu einem mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrag. Im Vorjahr hatte Thyssenkrupp hier ein Minus von 5,5 Milliarden Euro verbucht.

Seine Prognose für den von Analysten besonders beachteten Mittelfluss (Cashflow) vor Fusionen oder Zukäufen präzisierte Thyssenkrupp und erwartet nun einen Abfluss von 1,2 Milliarden bis 1,5 Milliarden Euro. Bislang hatte das Management angekündigt, die Kennziffer "in Richtung minus 1 Milliarde Euro" verbessern zu wollen./nas/he