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WASHINGTON/BRÜSSEL (dpa-AFX) - US-Präsident Donald Trump muss sich nach der Ankündigung von Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte auf heftige Gegenwehr wichtiger internationaler Handelspartner einstellen. Trump will die heimische Stahlindustrie mit Strafzöllen auf alle Stahlimporte in Höhe von 25 Prozent abschirmen. Auf Aluminium-Einfuhren sollen zehn Prozent erhoben werden. Details will Trump in der nächsten Woche bekanntgeben, wie er am Donnerstag in Washington angekündigt hatte.

Der weltgrößte Stahlproduzent China forderte die USA zur Zurückhaltung bei der Nutzung von Instrumenten des Handelsschutzes auf und mahnte Washington, sich an internationale Handelsregeln zu halten. "?Würden alle Länder dem Beispiel der Vereinigten Staaten folgen, hätte dies zweifellos schwerwiegende Auswirkungen auf den internationalen Handel"??, sagte eine Sprecherin des Pekinger Außenministeriums am Freitag.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte bereits am Donnerstagabend in Brüssel Vergeltung angedroht: "Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie unsere Industrie durch unfaire Maßnahmen getroffen wird, die Tausende europäische Arbeitsplätze gefährden." Juncker zweifelte die US-Begründung an, die Zölle dienten der nationalen Sicherheit. "Dies scheint eine unverhohlene Intervention zum Schutz der eigenen Industrie zu sein." Auch der US-Nachbar Kanada kündigte mögliche Gegenmaßnahmen an. Außenministerin Chrystia Freeland in Ottawa und bezeichnete die Ankündigung Trumps als "absolut inakzeptabel". Auch Brasilien schließt "Maßnahmen auf multilateraler oder bilateraler Ebene" nicht aus. Brasilien ist nach Kanada der zweitwichtigste Stahllieferant für die USA. Ähnlich äußerte sich Mexiko, ebenfalls ein wichtiger Lieferant.

Mit seinen Maßnahmen will Trump die schwächelnde heimische Industrie wieder aufpäppeln. "Wir werden neue Jobs bekommen und pulsierende Unternehmen", sagte Trump unter dem Beifall eingeladener US-Unternehmer im Weißen Haus. Die Börsen reagierten umgehend: Die US-Stahlwerte stiegen deutlich, der Dow Jones schloss aber klar im Minus - die Anleger befürchten einen Handelskrieg und durch potenziell höhere Stahlpreise Einbußen, etwa im Auto- oder im Flugzeugbau. Die Talfahrt im Dax setzte sich am Freitag fort. Der zunehmende Protektionismus in den USA ist für Anleger - neben anderen Problemen - eine Quelle der Nervosität.

Die angekündigten Zölle auf Stahl dürften die EU-Stahlexporte nach Amerika "von einem auf den anderen Tag" drastisch einschränken. Der europäische Stahlverband Eurofer geht von einem Minus von 50 Prozent oder mehr aus - bei einem aktuellen Volumen von rund fünf Millionen Tonnen aus der EU, wie es in einer ersten Reaktion auf die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump heißt. Laut Eurofer betrifft das eine Gesamtmenge von 35 Millionen Tonnen im Gesamtwert von 30 Milliarden Dollar (2017). "Wir erwarten, dass die Zölle die US-Einfuhren um etwa 20 bis 25 Millionen Tonnen beschneiden", sagte Eurofer-Generaldirektor Axel Eggert.

Der deutsche Stahlhersteller Thyssenkrupp sieht sich von den angekündigten US-Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte direkt nur wenig betroffen. "Wir haben nur ein geringes Engagement in den USA", sagte ein Unternehmenssprecher am Freitag zu dpa-AFX. Abzuwarten bleibe allerdings, ob es zu möglichen "Kaskadeneffekten" kommen werde.

Diese negativen Folgen für den europäischen Stahlmarkt hatte bereits der Präsident des deutschen Stahlverbandes, Hans Jürgen Kerkhoff, benannt. Angesichts der geplanten Zölle in den USA würden Exporteure ihre Augen auf den offenen EU-Markt richten, der durch keine Importzölle oder andere Handelshemmnisse beschränkt sei, hatte Kerkhoff gewarnt, der daher eine neue "Stahlschwemme" aus nicht EU-Ländern befürchtet. Auch ein Sprecher von Salzgitter verwies auf die Aussagen Kerkhoffs.

Die Stahl-Politik ist elementarer Teil der "America First"-Politik der Trump-Administration. Die Zölle, mit denen die USA angeblichen Dumping-Praktiken im Ausland begegnen wollen, sollen für "eine lange Zeitspanne" gelten, sagte Trump. Im internen Streit innerhalb des Weißen Hauses hat sich damit nach Auffassung von US-Beobachtern der Handels-Hardliner Peter Navarro gegen moderatere Kräfte wie etwa Trump-Wirtschaftsberater Gary Cohn durchgesetzt.

Die Maßnahme gilt als juristisch heikel. "Die USA bauen eine Zollschranke auf, mit der sie sich gegen Stahlimporte aus aller Welt abschotten. Diese Maßnahme verstößt eindeutig gegen Regeln der Welthandelsorganisation WTO", sagte der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff. Er befürchtet, dass Exporteure den offenen EU-Markt überschwemmen könnten, um die Zölle in den USA zu vermeiden.

Trump ist innenpolitisch unter schweren Druck geraten. Erst tags zuvor hatte seine Kommunikationschefin Hope Hicks ihren Rückzug bekanntgegeben, über die Ablösung des Nationalen Sicherheitsberaters Herbert Raymond McMaster und sogar die seines Beraters Jared Kushner, seinem Schwiegersohn, wird spekuliert. US-Medien mutmaßten, die mit harter Hand gefasste Entscheidung könne auch der Versuch eines Befreiungsschlags gewesen sein.

Handelsminister Wilbur Ross hatte dem Präsidenten einen Katalog mit drei Handlungsoptionen in Sachen Stahl und Aluminium vorgelegt. Er sah vor, beim Stahl entweder Strafzölle für alle Länder einzuführen oder höhere Zölle von 50 Prozent für zwölf ausgesuchte Länder - darunter China und Russland - und ein Einfrieren aller anderen Exporte auf dem Niveau von 2017. Dritte Option wäre der Verzicht auf Zölle, stattdessen eine Quotenregelung mit einer Deckelung der Importe auf 63 Prozent des 2017er Niveaus.

Hintergrund ist, dass sowohl die verbliebenen Aluminiumhütten als auch die Stahlwerke in den USA wegen der Billigkonkurrenz im Ausland ihre Kapazitäten nicht auslasten können. Die Stahlindustrie liegt derzeit nur bei 73 Prozent Auslastung und soll mit Hilfe der Zölle auf 80 Prozent gebracht werden. Beim Aluminium soll der Auslastungsgrad von derzeit nur 48 Prozent auf 80 Prozent gehoben werden.

In den USA mussten seit dem Jahr 2000 zehn Stahlwerke schließen. Die Beschäftigung ging in den vergangenen 20 Jahren um 35 Prozent zurück. Die weltweite Stahlproduktion sei seit 2000 um 127 Prozent gestiegen, während die Nachfrage langsamer gewachsen sei, heißt es vom Ross-Ministeriums. Allein China schaffe mehr Überkapazität am Weltmarkt als die USA insgesamt verbrauchten. An der Börse wurden die drohenden Zölle negativ aufgenommen. Die Anteile der deutschen Stahlhersteller Thyssenkrupp und Salzgitter gaben mehr als der ohnehin schwache Dax nach./dm/aha/DP/zb

Unternehmen im Artikel: thyssenKrupp, Salzgitter AG, ArcelorMittal