WASHINGTON/BERLIN/BRÜSSEL (dpa-AFX) - Der Handelsbeauftragte von US-Präsident Donald Trump hat mögliche Ausnahmen für die EU-Staaten und weitere Länder bei den umstrittenen Stahl- und Aluminiumzöllen angedeutet. Die EU könne genauso wie Argentinien und Australien so lange von den von Trump verhängten Zöllen ausgenommen werden, bis Handelsgespräche beendet seien, sagte Robert Lighthizer am Mittwoch vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses in Washington.

Zugleich will Trump offenbar stärker als bisher beabsichtigt China in die Mangel nehmen. Am Donnerstag will Trump ein bis zu 60 Milliarden Dollar schweres Maßnahmenpaket vorstellen, das vor allem auch dem Diebstahl geistigen Eigentums einen Riegel vorschieben soll.

China warnte derweil eindringlich vor den Folgen eines Handelskriegs. Die parteinahe Tageszeitung "China Daily" forderte am Donnerstag den Rest der Welt auf, sich Washington entgegenzustellen. Beobachter halten Gegenmaßnahmen aus Peking für möglich.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor im Bundestag deutlich gemacht, die Bundesregierung setze auf Gespräche mit den USA - werde aber "notfalls unmissverständliche Gegenmaßnahmen ergreifen". Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger wird in der "Rheinischen Post" (Donnerstag) mit den Worten zitiert, er sehe die Chancen für eine Befreiung der EU bei unter 50 Prozent.

Zuversichtlicher gab sich Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Es gebe eine Chance, das Inkrafttreten der Zölle vorerst abzuwenden, sagte er am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin". Die USA und Europa müssten sich zusammen für freien Welthandel einsetzen. Die Gespräche würden aber "ein Nervenkrimi werden bis zur letzten Sekunde".

Trump hatte vor knapp zwei Wochen angekündigt, Zölle auf Importe von Stahl in Höhe von 25 Prozent und auf Aluminium in Höhe von 10 Prozent zu verhängen. Die Zölle sollen an diesem Freitag in Kraft treten. Trump hatte die nationale Sicherheit als Grund für die Zölle angeführt. Die EU geht aber davon aus, dass es ihm vor allem darum geht, die heimische Stahl- und Aluminiumindustrie zu schützen.

Die EU-Kommission hat bereits mit Vergeltungszöllen auf US-Produkte wie Whiskey, Jeans und Motorräder gedroht. Diese sollen nur dann nicht verhängt werden, wenn es eine komplette Ausnahmeregelung für die 28 EU-Länder gibt. Die Handelsbeziehungen sind auch Thema beim EU-Gipfel an diesem Donnerstag in Brüssel.

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hatte am Mittwoch nach einem Gespräch mit US-Handelsminister Wilbur Ross angekündigt, dass es zum Thema Gespräche auf Spitzenebene geben solle. "Wir haben uns darauf verständigt, unverzüglich einen Diskussionsprozess mit Präsident Trump und der Trump-Administration über Themen in Gang zu setzen, die uns gemeinsam Sorgen bereiten", hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme von Malmström und Ross. Ziel sei es, gegenseitig akzeptable Ergebnisse so schnell wie möglich zu erzielen.

Bisher sind nur die US-Nachbarn Kanada und Mexiko von den angekündigten Schutzzöllen vorerst befreit. Sollte es zu vorübergehenden Ausnahmen für die EU und weitere Länder wie Australien und Argentinien kommen, würden sich die US-Strafmaßnahmen noch stärker als bisher geplant auf China fokussieren.

Das Weiße Haus kümdigte an, Trump werde Maßnahmen gegen Chinas "?wirtschaftliche Aggression"? vorstellen. Grund sei die Verletzung von Urheberrechten und der Zwang gegenüber US-Firmen in China, Technologie zu transferieren.? US-Medien berichten, Trump wolle einen Vorschlag von Lighthizer, der ein Volumen von 30 Milliarden Dollar an Zöllen und anderen Maßnahmen vorgeschlagen hatte, verdoppeln.

China reagierte auf den Vorstoß aus Washington mit Empörung. Die parteinahe Tageszeitung "China Daily" forderte am Donnerstag den Rest der Welt dazu auf, sich Washington entgegenzustellen. "Da die Vereinigten Staaten ihren Kurs nicht zu korrigieren scheinen, sollten andere Länder aufhören zu hoffen, dass ihnen protektionistische Schüsse (durch die USA) erspart bleiben", schrieb sie.

Beobachter glauben, dass China als Antwort Zölle auf US-Agrarprodukte wie Sojabohnen verhängen könnte. Davon wären gerade Landwirte betroffen, von denen viele als Trump-Unterstützer gelten. Auch könnten die Chinesen den US-Flugzeugbauer Boeing ins Visier nehmen und mehr Aufträge an den europäischen Konkurrenten Airbus vergeben.

Für deutsche Unternehmen gelten zwar die Auswirkungen von US-Strafzöllen als nicht massiv. Indes wird befürchtet, dass Stahlprodukte anderer großer Hersteller wie Brasilien oder China zunehmend auf den europäischen Markt ausweichen. Das könnte eine "Stahlschwemme" mit sinkenden Preisen auslösen und Jobs treffen.

Nach einer Studie im Auftrag der Wirtschaftsvereinigung Metalle könnte bei US-Zöllen auf Aluminiumprodukte bis 2019 der Aluminiumexport von Deutschland in die USA um 20 Prozent zurückgehen. Noch drastischer könnte sich auswirken, dass Importe aus China und Russland nicht in die USA gingen, sondern nach Europa.

Außerdem hatte Trump gedroht, im Fall von EU-Gegenmaßnahmen könnten Importe europäischer Autos mit einem Zoll von 25 Prozent belegt werden. Dies könnte vor allem deutsche Autobauer treffen./dm/hoe/aha/jpt/als/DP/jha