LUXEMBURG (dpa-AFX) - Der weltgrößte Stahlhersteller ArcelorMittal ist angesichts des dramatischen Preisdrucks im ersten Quartal wie erwartet weiter abgerutscht. Der Umsatz ging verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um gut 20 Prozent auf 13,4 Milliarden US-Dollar zurück, wie der Konzern am Freitag in Luxemburg mitteilte. Der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) brach um ein Drittel auf 927 Millionen Dollar ein. Analysten hatten mit Rückgängen in dieser Größenordnung gerechnet.

Für das Gesamtjahr prognostizierte der Vorstand weiter einen Ebitda-Rückgang auf gut 4,5 Milliarden Dollar. Schon 2015 war das Ergebnis um rund zwei Milliarden auf 5,2 Milliarden Dollar abgesackt. Unter dem Strich kam wegen hoher Abschreibungen ein Rekordverlust von fast acht Milliarden Dollar zusammen. ArcelorMittal-Aktien verloren zum Handelsauftakt gut 2,5 Prozent an Wert. Sie haben allerdings seit Jahresbeginn angesichts wieder steigender Stahlpreise bereits mehr als 50 Prozent zugelegt.

MITTAL: ERHOLUNG IST BRÜCHIG

"Unsere Ergebnisse spiegeln noch die sehr schweren Bedingungen aus der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres wider", sagte Vorstandschef Lakshmi Mittal. Inzwischen sieht er wieder etwas mehr Licht am Ende des Tunnels. "Die Erholung der Preise wird unsere Ergebnisse in den nächsten Quartalen verbessern." Allerdings werde sich das wieder bessere Umfeld erst in der zweiten Jahreshälfte voll in den Zahlen niederschlagen.

Die aktuelle Erholung sei brüchig, warnte Vorstandschef Mittal. An den massiven Überkapazitäten in China habe sich nicht geändert, auch wenn dort die Preise zuletzt angesichts wieder besserer Wirtschaftsaussichten rasant angesprungen seien. Unklar ist nach Einschätzung von ArcelorMittal, wie nachhaltig die Entwicklung ist. Zudem hätten im ersten Quartal die Ausfuhren von Stahl aus China weiter über dem Vorjahreswert gelegen.

WEITERER HANDELSSCHUTZ GEFORDERT

"Wir müssen deshalb wachsam vor der Gefahr von unfairem Handel bleiben." Im vergangenen Jahr waren die Stahlpreise weltweit eingebrochen, weil, China angesichts der Wirtschaftsabkühlung im eigenen Land dazu überging, seine Ausfuhren deutlich zu erhöhen. Die Konkurrenz in Europa und Amerika wirft den Chinesen Preis-Dumping vor und fordert Schutzmaßnahmen.

Die USA und die EU führten inzwischen Strafzölle ein. Aber in Europa wünschen sich viele Hersteller ein aktiveres Vorgehen. Sie fürchten um die Existenz. In den vergangenen Monaten machten die europäischen Konzerne mobil und demonstrierten mit Tausenden Stahlarbeitern.

FRISCHE LUFT DURCH KAPITALERHÖHUNG

In den vergangenen vier Jahren steckte ArcelorMittal in der Verlustzone fest. Das ließ die Schulden zu einem immer größeren Problem werden. Bei keiner großen Ratingagentur hat der Konzern eine Investment-Empfehlung. In der Not griff ArcelorMittal zu einer Kapitalerhöhung, die 3,2 Milliarden Dollar einbrachte. Zudem bringt der Verkauf der Beteiligung an einem Autozulieferer eine Milliarde Dollar. Damit belaufen sich die Schulden noch auf 13,3 Milliarden Dollar. "Damit haben wir eine branchenweit führende Bilanz", sagte Vorstandschef Mittal.

Im ersten Quartal gab es in fast allen Regionen des Konzerns Gewinneinbrüche. Allein in Europa brach das Ebitda um fast 40 Prozent ein. Positive Ausnahme war das Nordamerika-Geschäft, das sein Ergebnis im Jahresvergleich von 53 auf 339 Millionen Dollar vervielfachte. Hauptgrund waren höhere Auslieferungen. Zudem machten sich Einsparungen bezahlt. Auch in Europa versucht der Konzern, Kosten zu drücken.

In den vergangenen Jahren hatte der Konzern bereits vier seiner 25 Hochöfen in Europa stillgelegt. In Deutschland sind derzeit keine Einschnitte vorgesehen. ArcelorMittal beschäftigt hierzulande gut 9000 Mitarbeiter. Beim zweitgrößten deutschen Stahlhersteller Salzgitter war im ersten Quartal nach vorläufigen Berechnungen der Vorsteuergewinn von 51,8 auf 3,1 Millionen Euro eingebrochen. Die deutsche Nummer eins, Thyssenkrupp, legt an diesem Dienstag ihre Zwischenbilanz vor./enl/fbr

Unternehmen im Artikel: ThyssenKrupp AG, Salzgitter AG, ARCELORMITTAL