Von Carol Ryan

LONDON (Dow Jones)--Die Begeisterung für grünen Wasserstoff ist in Energiekreisen groß. Europa hatte anfangs die Nase vorn, aber jetzt leisten die USA beste Arbeit, um die neue Industrie in Schwung zu bringen. EU-Offizielle in Brüssel kündigten vergangene Woche Pläne zur Gründung einer neuen Europäischen Wasserstoffbank an - als Teil ihrer Antwort auf die 369 Milliarden US-Dollar Finanzmittel für saubere Energie, die im Inflation Reduction Act (IRA) der USA enthalten sind.

Die Bank, deren Start für Ende des Jahres geplant ist, soll das Angebot an erneuerbarem Wasserstoff durch ein Auktionsverfahren ankurbeln, das Käufer und Verkäufer miteinander verbindet. Und es ist so konzipiert, dass es die höheren Kosten für die Herstellung des kohlenstofffreien Gases im Vergleich zu Alternativen aus fossilen Brennstoffen subventioniert.

Der so genannte grüne Wasserstoff wird mit Hilfe eines Elektrolyseurs hergestellt, der Wasser mit Hilfe von erneuerbarem Strom in Wasserstoff und Sauerstoff spaltet. Der meiste Wasserstoff wird heute aus Erdgas gewonnen und gilt als "grau".


Sorge um Abwanderung Richtung USA 

Europäische Politiker befürchten, dass die großzügigen Subventionen für grüne Energietechnologien in Washingtons Klimagesetz Investitionen in die USA locken. Sowohl die EU als auch die USA hoffen, dass kohlenstoffarmer Wasserstoff dazu beitragen kann, Industrien wie die Stahlherstellung und die Schifffahrt zu dekarbonisieren. Ein Ausbau der heimischen Produktion würde auch Europa helfen, seine Abhängigkeit von importierten fossilen Brennstoffen zu verringern.

Für die Unternehmen ist es jedoch steiniger, herauszufinden, welche Unterstützung in Europa verfügbar ist. "Der wahre Charme des IRA liegt in seiner Einfachheit. Es ist dagegen sehr schwierig, den Gesamtbetrag der in Europa verfügbaren Gelder zu ermitteln", klagt Leif Christian Kröger, Manager beim Elektrolyseurhersteller Thyssenkrupp Nucera.


(Zu) viele Förderquellen 

Zwar gibt es Subventionen, aber das Geld liegt überall verstreut. Im vergangenen September wurden Mittel in Höhe von bis zu 5,2 Milliarden Euro für Wasserstoffprojekte bewilligt. Und fast 270 Milliarden Euro ungenutzte EU-Gelder für die Konjunkturbelebung im Rahmen von Corona können nun ebenfalls für Projekte bei sauberen Energien verwendet werden. Für Unternehmen, die Infrastrukturen wie Wasserstofftankstellen aufbauen, stehen Zuschüsse in Höhe von 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Ganz zu schweigen von der Unterstützung, die von den 27 nationalen Regierungen der EU gewährt wird.


US-Klimagesetz besticht durch Einfachheit 

Eine wichtige Aufgabe der neuen Wasserstoffbank wird es sein, Informationen über Fördermittel aus der gesamten EU an einem einzigen Ort zu sammeln. Wenn es gelingt, eine zentrale Anlaufstelle zu schaffen, müssen sich die Unternehmen nicht mehr so sehr mit der Materie auseinandersetzen.

In den USA ist es einfacher, die Subventionen zu verstehen. Der IRA bietet eine Steuergutschrift für die Produktion von sauberem Wasserstoff von bis zu 3 Dollar pro Kilo, je nach Kohlenstoffintensität. Dies bedeutet, dass grüner Wasserstoff nach Schätzungen der Bank of America bis etwa 2025 mit grauem Wasserstoff wettbewerbsfähig sein könnte. Ohne Subventionen wäre dies in der EU fünf Jahre später der Fall.

Wenn der IRA den USA hilft, mehr Investitionen anzuwerben, wäre das für Europa ein zweischneidiges Schwert. Die EU würde von einem starken Exportmarkt für sauberen Wasserstoff in den USA profitieren, da sie plant, etwa die Hälfte ihres künftigen Bedarfs zu importieren. Aber Brüssel muss auch eine Flut privater Investitionen freisetzen, wenn es sein Ziel erreichen will, bis 2030 rund 10 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff einheimisch zu produzieren.

Die neue Wasserstoffbank wird vorerst mit 800 Millionen Euro finanziert. Wenn sie eine Subvention von 3 Euro pro Kilo anbietet, was in etwa der IRA-Steuergutschrift entspricht, kann die Bank nur eine sehr bescheidene Produktion von 26.000 Tonnen subventionieren, so Matthew Hodgkinson von S&P Global Commodity Insights.


Energiekosten machen den Unterschied 

Die höheren Energiekosten in der Region sind ebenfalls ein Nachteil. Auf einer Konferenz in Deutschland klagten die Hersteller vor kurzem, dass die EU möglicherweise höhere Betriebskosten subventionieren müsse, um mit den USA wirklich gleichzuziehen, so Analysten der Bank of America.

Dies könnte es den einheimischen Herstellern von Anlagen für die Produktion von grünem Wasserstoff erschweren, zu wissen, wie schnell sie ihre Produktion erhöhen müssen, um die Nachfrage zu decken. Dazu gehören unabhängige Elektrolyseur-Hersteller wie ITM Power und Nel, deren Aktien im Jahr 2020 in die Höhe schossen und die sich seitdem schwer tun, Fortschritte zu machen.

Solange die Politik nicht klipp und klar kommuniziert, werden deren Kunden länger als in den USA brauchen, um sich für Projekte in Europa zu entscheiden - und die Achterbahnfahrt für Investoren dürfte weitergehen.

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DJG/DJN/axw/smh

(END) Dow Jones Newswires

March 23, 2023 10:48 ET (14:48 GMT)