Von Telis Demos

NEW YORK (Dow Jones)--Der Handel an der Wall Street mag nicht mehr ganz so gut laufen wie im Jahr 2021. Aber die Anleger müssen ihre Investments trotzdem noch nicht vergolden. Aktien von Goldman Sachs sind zuletzt mit einem Minus von etwa 8 Prozent kräftig nach unten gerauscht. Die Anleger machen sich wohl Sorgen um das Handelsgeschäft, da die Nettoeinnahmen der Bank aus diesem Segment im vierten Quartal um 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr nachgegeben haben. Allerdings befanden sie sich kaum im freien Fall. Die Erträge aus dem Handel mit festverzinslichen Wertpapieren, Währungen und Rohstoffen bröckelten bei Goldman im Vergleich zum vierten Quartal 2020 nur um 1 Prozent ab. Das ist damit weniger stark als bei den anderen Geldhäusern, die bisher berichtet haben.

Der Aktienhandel war stärker betroffen, obwohl der Rückgang eher auf den Vermittlungs- als auf den Finanzierungshandel zurückgeht. Dies deutet darauf hin, dass sich die Maßnahmen von Goldman inmitten der Verwerfungen im Prime-Brokerage-Geschäft immer noch auszahlen. Die Bank gab bekannt, dass sie einen Rekord bei den durchschnittlichen Prime-Salden aufgestellt hat.


   Goldman liegt derzeit weit über angepeiltem Renditeplan 

Derweil ging die durchschnittliche Eigenkapitalrendite im Segment Global Markets im vierten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 8,8 Prozentpunkte auf 7,5 Prozent zurück, da das durchschnittliche Eigenkapital stieg, während die Erträge sanken. Dennoch rangierte die Rendite für das Gesamtjahr 2021 in dem Bereich mit 15,3 Prozent immer noch um mehr als einen Punkt höher als 2020. Diese Art von Rendite liegt weit über dem Plan von Goldman Sachs. Die Investmentbanker hatten vor zwei Jahren eine Rendite von 10 Prozent für die Märkte auf dem Weg zu einer unternehmensweiten Rendite von 13 Prozent anvisiert. Im Jahr 2021 rangierte die Gesamtkapitalrendite des Unternehmens bei 23 Prozent.

Die hohe globale Marktrendite der Bank im Jahr 2021 spiegelt zum Teil das außergewöhnliche Pandemieumfeld im Handel wider, in das sich die Bank eingearbeitet hat. Sicherlich ist die Nachhaltigkeit dieser Leistung ein Fragezeichen, da sich die Welt verändert. Es könnte sein, dass sie nicht die gleichen Höhen erreicht, obwohl die Bank möglicherweise mit dem zugewiesenen Kapital so wirtschaften könnte, dass die Renditen über das Niveau des vierten Quartals zulegen und das selbst bei ähnlicher oder vielleicht geringerer Aktivität. Doch trotz der Bedeutung, die der Handel an der Wall Street nach wie vor hat, sollten die Anleger ihn im Zusammenhang mit dem Gesamtkontext von Goldman sehen. Selbst wenn die Bank im Jahr 2022 auf den globalen Märkten keine so herausragenden Eigenkapitalrenditen mehr erzielt, werden gesunde Erträge und Gewinne weiterhin dazu beitragen, die Mittel für die längerfristige Umstrukturierung der Bank in Richtung eines renditestärkeren und gebührenintensiven Geschäfts zu erwirtschaften.


   Goldman holt zu JP Morgan und Morgan Stanley auf 

Goldman investiert in Bereiche wie Transaction Banking, Asset- und Vermögens-Management sowie Consumer Banking. Die Erträge aus dem Privatkundengeschäft verbesserten sich 2021 um 23 Prozent gegenüber 2020, und die Erträge aus der Vermögensverwaltung sogar um 25 Prozent. Und die Gesamteinlagen von Goldman schossen im vierten Quartal um 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr nach oben. Da die Verbraucher derzeit keine großen Kredite aufnehmen, sind Investitionen in Produkte wie Kreditkarten teuer. Der Grund: Die Banken müssen diese Kunden weiterhin betreuen und Rückstellungen für mögliche künftige Kreditausfälle bilden.

Wenn es gelingt, neuere Geschäftsbereiche zu skalieren und rentabel zu machen, ist dies ein wichtiger Faktor, um den Anlegern zu versichern, dass Goldman langfristig hohe Renditen erwirtschaftet und nicht so stark von der zyklischen Natur der Märkte abhängig ist. Dies könnte dazu beitragen, dass das Kurs-Buchwert-Verhältnis von Goldman, das laut Factset bei etwa dem 1,3-fachen liegt, seinen Abstand zu Konkurrenten wie JP Morgan und Morgan Stanley verringert. Die Märkte und das Investmentbanking dürften auch 2022 ziemlich stark bleiben, da die Pipeline potenzieller Transaktionen nach wie vor gut gefüllt ist und die Zinssätze sowie Aktienmärkte in diesem Jahr volatil sein könnten. Anleger, die bisher auf Goldman gesetzt haben, sollten nicht zu früh abspringen.

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January 19, 2022 03:20 ET (08:20 GMT)