Die Konkurrenz mit Tesla und anderen US-Technologieriesen um die Vorherrschaft in der Automobilindustrie nehme zu. "Der Sturm geht jetzt erst los", warnte Diess am Donnerstag seinem Redemanuskript zufolge vor VW-Führungskräften in Berlin. Die große Frage sei, ob Volkswagen schnell genug agiere, um einem Schicksal wie Nokia zu entgehen - der finnische Mobilfunkriese war beim Wandel hin zu Smartphones auf der Strecke geblieben. "Wenn wir in unserem jetzigen Tempo weitermachen, wird es sogar sehr eng", mahnte Diess.

Er forderte die Führungskräfte auf, beherzter vorzugehen. Volkswagen könne die Transformation mit den Erlösen der heutigen Technik zwar stemmen. "Was uns fehlt, das sind vor allem Schnelligkeit und der Mut zu kraftvollem, wenn es sein muss radikalem Umsteuern." Die Zukunft liege im Umbau zu einem digitalen Tech-Konzern - "und nur da". In diesem Zusammenhang kündigte Diess ein zusätzliches "Aufholprogramm" an, um das Potenzial des Konzerns dafür zu mobilisieren. "Wir werden die Synergien im Konzernverbund deutlich konsequenter nutzen und müssen die Komplexität noch deutlicher reduzieren." Das laufende Jahr erhob Diess zum Maßstab für seinen Erfolg: 2020 werde sich erweisen, wie wetterfest, agil und reaktionsfähig der Konzern geworden sei.

Volkswagen gewinne angesichts erster Erfolge beim Umbau bei Anlegern Glaubwürdigkeit. Nicht mehr das Absatzvolumen, sondern die Qualität des Ertrags stehe bei den Unternehmenszielen an erster Stelle. Die Entwicklung des Aktienkurses von Tesla sei zuletzt jedoch deutlich dynamischer gewesen als die von VW. In der Marktkapitalisierung sei der US-Elektroautopionier mittlerweile gar fast gleichauf. VW indes werde nach wie vor wie ein Automobilunternehmen bewertet. Eine Zukunft habe das Auto aber nur als massentaugliches Internet-Device, vergleichbar mit einem iPad auf Rädern.

BENTLEY MUSS RENDITE LIEFERN

Um die Neuausrichtung zu finanzieren, müsse Volkswagen die Ertragskraft mindestens halten, betonte der Konzernchef. Inzwischen habe sich auch die lange schwächelnde Luxusmarke Bentley berappelt. 10.000 Auslieferungen seien eine starke Leistung, sagte Diess. Noch eindrucksvoller wäre jedoch, wenn Bentley auch eine Rendite "größer Null" erzielen würde. "Wenn ich ganz ehrlich bin: Lieber wären mir 5.000 Auslieferungen und eine Rendite über 20 Prozent." Beim Mitfahrdienst Moia tritt Diess dagegen auf die Bremse. Man wolle zwar einen Fuß in dem Geschäft behalten. "Wir müssen unser Engagement aber zeitlich strecken, bis die Voraussetzungen für die Profitabilität besser sind." Das gelte nicht zuletzt für die teuren Fahrzeuge.

Zugleich müsse Volkswagen den CO2-Ausstoß seiner Fahrzeugflotte deutlich senken, um Strafzahlungen in der EU zu vermeiden. Dafür sei 2020 "das Jahr der Wahrheit", betonte Diess. Die Differenz von 30 Gramm zum Grenzwert wolle Volkswagen binnen zwei Jahren ausschließlich mit E-Autos und Plug-In-Hybriden schließen. Dafür sei entscheidend, dass der rein batteriegetriebene ID.3 ein Erfolg werde. Die Brennstoffzelle E-Fuels sei auf absehbare Zeit keine Alternative für Pkw-Motoren.