GÖPPINGEN (awp international) - Der Softwareanbieter Teamviewer profitiert weiter von einer hohen Nachfrage in der Corona-Pandemie. Im zweiten Quartal legte der Umsatz um 21 Prozent auf 114,7 Millionen Euro zu, wie das MDax-Unternehmen am Dienstag in Göppingen mitteilte. "Teamviewer wächst weiterhin stark bei gleichzeitig hoher Profitabilität", sagte Vorstandchef Oliver Steil laut Mitteilung.

Teamviewer hatte bereits mitgeteilt, dass die in Rechnung gestellten Umsätze zwischen April und Ende Juni um 45 Prozent auf 105,9 Millionen Euro geklettert waren - darin bezieht das Unternehmen künftige Umsätze aus abgeschlossenen Verträgen ein, um die Nachfrage besser darstellen zu können. Vor allem in der Region Amerika konnte Teamviewer viele Verträge abschliessen, insgesamt legte die Kundenzahl von gut 514 000 Ende des ersten Quartals auf nun 534 000.

Allerdings war das Neugeschäft im ersten Quartal noch deutlich stärker gewachsen. Auch im April war die Nachfrage noch hoch normalisierte sich dann aber laut früheren Aussagen wieder. Teamviewer will vor allem bei Grosskunden mit mehr als 10 000 Euro Vertragsvolumen wachsen, die Zahl solcher Kunden stieg nun auf 1457. Vor einem Jahr waren es nur 518.

Die Teamviewer-Aktie lag vorbörslich auf der Handelsplattform Tradegate zuletzt rund zweieinhalb Prozent im Plus. Der Aktienkurs des Unternehmens gehört zu den Gewinnern in der Corona-Krise. Seit Ende 2019 steht ein Anstieg von rund der Hälfte zu Buche auf zuletzt 47,23 Euro. Zwischenzeitlich war das Papier bis auf 54,86 Euro gestiegen, doch die Mitte Juli veröffentlichten Eckdaten zu den Vertragsschlüssen enttäuschten etwas. Zudem will Teamviewer für den Zukauf von Ubimax neue Aktien ausgeben.

Teamviewer ist erst im September 2019 vom Finanzinvestor Permira zu 26,25 Euro je Aktie an die Börse gebracht worden. Doch das Göppinger Unternehmen ist im Gegensatz zu vielen anderen Börsenneulingen aus der Techwelt bereits profitabel. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen stieg im vergangenen Quartal um 60 Prozent auf 57,3 Millionen Euro, der Gewinn unterm Strich um 58 Prozent auf 30,3 Millionen Euro.

Die Jahresprognose bestätigte das Management ohne Berücksichtigung der Ubimax-Übernahme, die noch im laufenden Quartal abgeschlossen werden soll. Die Göppinger sind vor allem stark mit Fernwartungs- und Videokonferenzsoftware. Mit dem zugekauften Unternehmen aus Bremen will Teamviewer seine Position bei sogenannten Augmented-Reality-Anwendungen stärken. Teamviewer lässt sich den Zukauf 136,5 Millionen Euro kosten.

Bei Augmented Reality werden reale Kamerabilder etwa mit Schalt- oder Bauplänen angereichert, zum Beispiel in speziellen Brillen. Dadurch können Techniker Geräte beispielsweise einfacher warten oder reparieren, weil ihnen direkt im Sichtfeld angezeigt wird, welcher Stecker zu welcher Verbindung gehört. Ubimax ist auf solche Anwendungen auf portablen Geräten spezialisiert. So sollen manuelle Arbeitsprozesse vor allem für Facharbeiter in der Industrie vereinfacht werden.

Ärger könnte den Schwaben aus einer Cyberattacke vor einigen Jahren drohen. 2016 war Teamviewer angegriffen worden. Eine der Strafverfolgungsbehörden, mit denen man nach der Attacke zusammengearbeitet habe, habe das Unternehmen nun auf einen damit zusammenhängenden Datenverlust hingewiesen. Vorbehaltlich einer detaillierten Analyse könne das zu Benachrichtigungspflichten von Behörden und Kunden führen. Es gebe jedoch keine Belege für einen Datenmissbrauch, nachdem das Unternehmen bis Mitte 2018 die Infrastruktur verbessert hatte

Voran kam das Unternehmen an anderer Stelle. "Dank unserer äusserst starken Performance haben wir den Schuldenabbau schneller als ursprünglich erwartet vorangetrieben", sagte Finanzvorstand Stefan Gaiser. "Dies gibt uns zusätzlichen Spielraum, um in weiteres Wachstum zu investieren und gleichzeitig unsere Profitabilität über dem Marktniveau zu halten."

Permira hat inzwischen Kasse gemacht und seinen Anteil mit dem Kurshöhenflug deutlich auf 39 Prozent gesenkt. Teamviewer ist an der Börse derzeit rund 9,4 Milliarden Euro wert - und damit mehr als etwa die MDax-Kollegen Brenntag , Carl Zeiss Meditec oder Hellofresh ./men/ssc/zb