GÖPPINGEN (dpa-AFX) - Der Softwareanbieter Teamviewer kommt beim geplanten Ausbau des Geschäfts mit großen Unternehmen voran. Zudem konnte das Management des Anbieters von Fernwartungssoftware den Kostenanstieg wie angekündigt bremsen. Dies führte dazu, dass der operative Gewinn nach Angaben vom Mittwoch im ersten Quartal nicht so stark sank, wie von Analysten befürchtet. Zudem wurden die 2022er-Ziele trotz der wirtschaftlichen Unsicherheiten infolge des Ukraine-Kriegs bestätigt. An der Börse wirkte sich das im frühen Handel positiv aus. Die seit Monaten stark unter Druck stehende Aktie konnte in einem volatilen Handel zuletzt knapp fünf Prozent zulegen und war damit einer der besten MDax-Werte.

In den ersten drei Monaten zogen zwar die Kosten im Vergleich zum Vorjahr noch um rund die Hälfte an. Allerdings war der Anstieg zuletzt noch höher und im Vergleich zum Vorquartal konnten die Aufwendungen sogar reduziert werden. "Es ist uns gelungen, die Bremse reinzuhauen, wir haben jetzt eine gute Basis", sagte Firmenchef Oliver Steil. Wegen der höheren Kosten ging das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent auf 83,2 Millionen Euro zurück, wie das Unternehmen in Göppingen mitteilte. Experten hatten allerdings mit einem stärkeren Rückgang gerechnet.

Die sogenannten Billings legten im ersten Quartal um zwölf Prozent auf 163,5 Millionen Euro zu. Der Anstieg fiel im Rahmen der Erwartungen der Analysten aus. Bei den Billings handelt es sich um die in Rechnung gestellten Umsätze aus dem jeweiligen Zeitraum, die bilanztechnisch auf zwölf Monate verteilt werden. Da der Umsatz selbst in der Bilanz auf die Vertragslaufzeit verteilt werden muss, gibt er nach Ansicht des Managements die aktuelle Nachfrage nur unzureichend wieder. Der Umsatz zog um 14 Prozent auf 134,5 Millionen Euro an. Unter dem Strich verdiente der Konzern mit knapp 15 Millionen Euro fast fünfmal so viel wie im Vorjahr - Gründe waren deutlich geringere Finanzierungskosten und Aufwendungen für die Absicherung von Währungsrisiken.

"Es ist uns gelungen, gegenüber den starken ersten Quartalen der Jahre 2020 und 2021 zweistellig zu wachsen", sagte Steil. "Das unterstreicht die Resilienz unseres Geschäfts trotz der allgemeinen makroökonomischen Unsicherheit und dem weitgehend normalisierten Arbeitsumfeld." Unternehmen weltweit schätzten zunehmend die industrielle Expertise sowie die Integrationen und Partnerschaften mit SAP, Google Cloud und Microsoft. "Die weitere Entkopplung von Billings- und Abonnenten-Wachstum unterstreicht die zunehmende Reife unseres Geschäfts, das sich auf Kunden mit höheren Vertragsvolumina verlagert."

Steil will in den kommenden Jahren das Geschäft mit großen Unternehmen ausbauen. Zuletzt steuerte dies etwas mehr als ein Fünftel zum Geschäft bei - in den kommenden zwei bis drei Jahren soll der Anteil auf rund ein Drittel steigen. In diesem Bereich sollen auch der durchschnittliche Erlös pro Vertrag steigen. Steil geht auch davon aus, dass es in diesem Bereich einfacher ist, Preiserhöhungen durchzusetzen, um zum Beispiel steigende Löhne aufzufangen. Nachdem der Konzern zuletzt die Zahl der Mitarbeiter reduziert hat, soll es künftig auch wieder Einstellungen geben. Zudem dürften sich bei den Löhnen auch die Inflation auswirken. Es sei aber noch zu früh, die Folgen genauer einzuschätzen.

Konkrete Folgen hat der russische Angriffskrieg in der Ukraine. Teamviewer beendete seine Geschäftsaktivitäten in Belarus und Russland; dadurch fallen rund ein Prozent der Billings weg. Trotzdem bestätigte der Konzern seine Prognose. Im laufenden Jahr wird ein Billing-Wachstum im hohen Zehnerbereich auf 630 bis 650 Millionen Euro angepeilt. Die operative Marge soll bei 45 bis 47 Prozent liegen. 2021 war die Profitabilität um zehn Prozentpunkte auf 47 Prozent gefallen. In den ersten drei Monaten lag die Marge bei 51 Prozent und damit über dem angepeilten Zielkorridor.

Analysten und Händler bewerteten die Zahlen unterschiedlich. Während das operative Ergebnis durchweg als positive Überraschung eingestuft wurde, habe das Wachstum die Erwartungen nur erfüllt. Die Investoren konzentrierten sich aber erst mal auf die besser als erwartet ausgefallene Profitabilität. Der seit dem Rekordhoch von fast 55 Euro aus dem Sommer 2020 um rund drei Viertel abgestürzte Aktienkurs konnte am Mittwoch in der ersten Handelsstunde zeitweise mehr als sechs Prozent auf 12,48 Euro zulegen. Damit kostet das Papier allerdings immer noch weit weniger als zum Börsengang.

Der Finanzinvestor Permira hatte das Unternehmen im Herbst 2019 für 26,25 Euro an den Aktienmarkt gebracht. In den ersten Monaten war die Börsennotiz ein Erfolg für alle Beteiligten. Befeuert von der hohen Nachfrage in der ersten Phase der Corona-Pandemie kannte der Kurs fast nur den Weg nach oben. Doch Sorgen über die Nachhaltigkeit des Wachstums und dann die stark gestiegenen Kosten unter anderem durch teures Sportsponsoring beim englischen Fußballclub Manchester United und beim Mercedes-Formel-1-Team ließen den Aktienkurs abstürzen.

Für Permira war der Börsengang dennoch ein großer Erfolg. Permira hatte das Unternehmen erst wenige Jahre zuvor für 870 Millionen Euro gekauft. Durch den Börsengang und darauf folgende Anteilsverkäufe nahm Permira rund fünf Milliarden Euro ein. Zudem hält der Finanzinvestor noch knapp ein Fünftel des derzeit mit rund 2,4 Milliarden Euro bewerteten Unternehmens./zb/lew/jha/