(neu: Einstieg angepasst, Bernstein-Analyst, Aktienkurse)

HOLZMINDEN (dpa-AFX) - Wirbel bei großen Duftstoffherstellern: Wettbewerbsbehörden gehen dem Verdacht auf Preisabsprachen nach. Der Dax-Konzern Symrise bestätigte, von der Europäischen Kommission im Zusammenhang mit Untersuchungen zu möglichen Preisabsprachen in der Branche kontaktiert worden zu sein. Von der Untersuchung betroffen sei der Hauptsitz von Symrise im niedersächsischen Holzminden. Noch gebe es aber keine Details. Symrise kooperiere und werde aktuell als Zeuge gehört. Symrise-Chef Heinz-Jürgen Bertram sagte auf der Bilanzpressekonferenz: "Preisabsprachen: Wir sehen uns da nicht betroffen. Wir denken heute, wir haben nichts zu verbergen."

Die Symrise-Aktien fielen am Mittwoch zunächst deutlich, berappelten sich aber und drehten am frühen Nachmittag auf zuletzt plus 0,13 Prozent bei 95,72 Euro. Im laufenden Jahr sind sie mit einem Minus von knapp sechs Prozent unter den schwächeren Werten im deutschen Leitindex, der seit dem Jahreswechsel um gut zwölf Prozent zugelegt hat. Damit dürfte der Wachstumsausblick von Symrise, der die Erwartungen von Analysten übertroffen hatte, letztlich doch stärker gewirkt haben. Symrise hatte am Morgen auch endgültige Geschäftszahlen vorlegt, sowie Prognosen für 2023 bekannt gegeben.

Analyst Gunther Zechmann von Bernstein Research verwies darauf, dass die Untersuchungen "angesichts der Komplexität und Verflechtung der 'Big 4' der Aromen- und Duftstoffbranche" nicht einfach sein dürften. Kaufinteressierte Anleger könnten sich daher in den kommenden Monaten zwar zurückhalten, doch hätten Anleger manchmal auch ein kurzes Gedächtnis. Daher sollte die im späteren Jahresverlauf erwartete Absatzerholung der Branche und sinkende Rohstoffpreise dem Sektor Rückenwind verleihen.

Die EU-Kommission prüft laut einer Mitteilung vom Dienstagabend mögliche wettbewerbsbeschränkende Absprachen in Bezug auf die Lieferung von Duftstoffen und Duftinhaltsstoffen. Es gebe Bedenken, dass weltweit mehrere Unternehmen und ein Verband der Duftstoffindustrie gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen haben könnten. Daher habe es Durchsuchungen und Auskunftsverlangen bei mehreren Unternehmen gegeben.

Namen nannte die EU-Kommission nicht. Die Schweizer Wettbewerbskommission Weko wurde bei der Bestätigung eigener Kartelluntersuchung konkreter und nannte am Mittwochmorgen als betroffene Unternehmen Symrise, Firmenich International, Givaudan und International Flavors & Fragrances.

Derartige Untersuchungen ziehen sich für gewöhnlich sehr lange hin, erklärte Analystin Celine Pannuti von der Bank JPMorgan in einer ersten Reaktion. Zugleich müssten mögliche Geldbußen am Ende nicht so hoch ausfallen, wie es die Regeln der EU-Kommission suggerierten.

So gibt die EU-Kommission an, dass Strafen in Kartellverfahren in der Regel 15 bis 20 Prozent der betroffenen Umsätze ausmachen, mit einer Obergrenze von zehn Prozent des Jahresumsatzes der betroffenen Unternehmen.

Die Vorlage der endgültigen Geschäftszahlen und des Jahresausblicks von Symrise rückte angesichts der wettbewerbsrechtlichen Untersuchungen ein Stück weit in den Hintergrund.

Der Duftstoff- und Aromenhersteller rechnet 2023 laut Mitteilung mit einer Profitabilität am unteren Ende seiner mittelfristigen Zielspanne. Die Gewinnmarge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda-Marge) soll rund 20 Prozent erreichen. Dabei kalkuliert Konzernchef Bertram mit moderat steigenden Rohstoffkosten. Bereits 2022 bekam das Unternehmen einen Anstieg von Rohstoff-, Logistik- und Energiekosten zu spüren. Ein großer Teil der Kostensteigerungen seien auf die Kunden umgelegt worden, ein wenig Arbeit gebe es hier aber noch, sagte Bertram.

2022 fiel die operative Gewinnmarge, wie seit Januar bekannt, von 21,3 Prozent auf 20 Prozent. Dabei ist eine Wertberichtigung von 126 Millionen Euro auf die knapp 30-prozentige Beteiligung am Haustiernahrungsspezialisten Swedencare bereits herausgerechnet. Exklusive dieser Sonderbelastung stieg der operative Gewinn im vergangenen Jahr um gut 13 Prozent auf 922 Millionen Euro. Unter dem Strich verdiente Symrise 406 Millionen Euro und damit gut 8 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Dividende soll um 3 Cent auf 1,05 Euro je Aktie steigen und damit weniger stark als von Analysten erwartet.

Das Wachstum von Swedencare litt 2022 unter weniger Aufträgen großer Kunden, da diese erst einmal ihre hohen Lagerbestände abgebaut haben. Der Swedencare-Aktienkurs war 2022 um mehr als 80 Prozent eingebrochen. Allerdings: Von Ende 2016 bis Ende 2021 war er auch um 2800 Prozent nach oben geschnellt. Grundsätzlich blickt Bertram weiter zuversichtlich auf den Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln, etwa für die Zahnpflege und Gelenke.

Der Manager sieht im Markt für Heimtiernahrung auch insgesamt weiter viel Potenzial. Das Geschäft rund um Zusätze für Heimtiernahrung hat Symrise in den vergangenen Jahren stark ausgebaut, zuletzt etwa mit den Übernahmen von Giraffe Foods, Schaffelaarbos und Wing Pet Food. Der Geschäftsbereich mauserte sich so zu einem wesentlichen Wachstumstreiber und lieferte auch 2022: Er wuchs in allen Regionen aus eigener Kraft zweistellig.

Insgesamt legte die Sparte Taste, Nutrition & Health rund um Zusätze für Lebensmittel für Mensch und Tier, zu der auch Pet Food gehört, 2022 ebenfalls deutlich zu: Aus eigener Kraft wuchs der Bereich um gut 15 Prozent und inklusive Übernahmen und Wechselkurseffekten um fast ein Viertel.

Im Gegensatz zur zweiten Sparte Scent & Care rund um Duftstoffe etwa für Parfüms hielt Taste, Nutrition & Health das Wachstum dabei auch zum Jahresende hoch. Aus eigener Kraft belief sich das Plus im vierten Quartal auf knapp 18 Prozent, während es im Duftstoffgeschäft nur ein Prozent war. JPMorgan-Analystin Pannuti sah in letzterem eine größere Enttäuschung.

Insgesamt wuchs Symrise 2022 um mehr als ein Fünftel, aus eigener Kraft - also Übernahmen und Wechselkurseffekte ausgeklammert - belief sich das Plus auf 11,4 Prozent. Bis 2025 kalkuliert die Unternehmensführung im Schnitt mit einem jährlichen Wachstum aus eigener Kraft um 5 bis 7 Prozent. Die durchschnittliche Analystenschätzung für 2023 liegt hier am unteren Ende der Spanne./mis/mne/ngu/jha/