Zürich (awp) - Die Folgen der Corona-Pandemie belasten die Weltwirtschaft stark. Die Versicherungsbranche ist bisher überraschend gut durch die Krise gekommen. Im kommenden Jahr rechnen die Ökonomen des Swiss Re Institute - angeführt von China - mit weltweit steigenden Versicherungsprämien.

2020 dürfte das gesamte Prämienvolumen noch rund um den Globus um rund 1,4 Prozent sinken, erklärte Swiss Re in einer am Mittwoch veröffentlichten Sigma-Studie. Damit falle der Rückgang glimpflicher aus als ursprünglich angenommen. Zuvor war das Institut von einem Minus von 2,8 Prozent ausgegangen.

Doch bereits im kommenden Jahr werde die Versicherungsbranche zu Wachstum zurückfinden, ist Swiss Re-Chefökonom Jérôme Haegeli überzeugt. Das Prämienvolumen dürfte den Sigma-Schätzungen zufolge 2021 um 3,4 Prozent und dann 2022 um 3,3 Prozent zulegen.

China als Wachstumsmotor

"Die Versicherungsbranche hat sich in der Coronakrise sehr gut gehalten und wir gehen von einer V-förmigen Erholung aus", sagte Haegeli an einer Telefonkonferenz weiter. Denn trotz bestehender Risiken wie etwa den tiefen Zinsen, böten sich den Versicherern auch eine Reihe von Chancen.

Die Branche werde in erster Linie von der allgemeinen Konjunkturerholung profitieren, die 2021 mit einem geschätzten BIP-Wachstum von 4,7 Prozent einsetzen werde. Vor allem in den Wachstumsmärkten dürfte dann die Nachfrage nach Versicherungsdeckung zunehmen, während in gesättigten Märkten in der Sachversicherung mit steigenden Preisen zu rechnen sei.

Angeführt wird der Aufschwung von China, wo die Nichtlebenprämien im nächsten Jahr um geschätzte 10 Prozent und die Lebensversicherungsprämien um 8,5 Prozent anziehen sollten. Damit sei China auf Kurs, um bis 2030 zum weltweit grössten Versicherungsmarkt aufzusteigen, sagte Haegeli.

Eine weitere Chance für die Versicherer bietet die Digitalisierung des Geschäfts. Dadurch eröffneten sich der Branche neue Vertriebskanäle. Die Datenanalytik helfe zudem, die Produkte besser auf die Kunden "masszuschneidern", erklärte Haegeli.

Tiefe Zinsen bleiben

Auf der Gegenseite werden die sehr tiefen Zinsen die Versicherungsindustrie noch länger beschäftigen. Das erschwere nicht nur die Risikobeurteilung im Lebengeschäft, sondern auch die Arbeit auf der Anlageseite. Und auch die Klimarisiken dürften in Zeiten von Corona nicht vergessen werden, warnte Haegeli.

Betreffend Klima gibt dem Swiss Re-Chefökonomen die Wahl von Joe Biden zum neuen US-Präsidenten Hoffnung. Dass Biden den Multilateralismus fördern dürfte, sei nicht nur in Klimafragen förderlich. Die Spannungen in den Handelsbeziehungen mit China dürften aber auch unter der Führung Bidens bleiben.

Das wohl schlechteste Szenario für die Versicherer ist laut Haegeli, wenn es zu einer weltweiten Stagflation mit steigender Inflation und gleichzeitig schwachem oder gar keinem Wirtschaftswachstum käme. Mit steigender Inflation nähmen auch die Forderungen im Sach- und insbesondere im Haftpflichtgeschäft zu, während das schwache Wachstum auch die Entwicklung der Prämieneinnahmen ausbremsen würde.

mk/ra