(Neu: Lage am Morgen Ortszeit, Fema)

NEW ORLEANS (dpa-AFX) - Überflutete Straßen, abgedeckte Dächer und Hunderttausende Menschen ohne Strom: Hurrikan "Ida" hat im südlichen US-Bundesstaat Louisiana schwere Schäden verursacht und mindestens ein Menschenleben gefordert. Stundenlang wütete er mit Windgeschwindigkeiten um die 200 Stundenkilometer, wie das Nationale Hurrikanzentrum (NHC) erklärte. Der Sturm weckte böse Erinnerungen, denn er erreichte Louisiana auf den Tag genau 16 Jahre nach Eintreffen des verheerenden Hurrikans "Katrina", der in und um New Orleans rund 1800 Menschen das Leben kostete.

Das wahre Ausmaß der Schäden war am Montagmorgen (Ortszeit) noch nicht absehbar. Rettungs- und Bergungseinsätze begannen erst nach Sonnenaufgang. Die Behörden forderten die Anwohner mit Nachdruck auf, in ihren Häusern zu bleiben, bis Aufräumarbeiten Straßen wieder frei und sicher gemacht haben werden. Eine besondere Gefahr ging von den zahlreichen umgestürzten Strommasten aus. In vielen Gegenden waren die Notrufzentralen überlastet. Die Behörden riefen die Bürger wegen Überschwemmungen auf, ihr Leitungswasser vor dem Trinken abzukochen.

Die Chefin der US-Katastrophenschutzbehörde Fema, Deanne Criswell, sagte dem Sender CNN am Morgen, es gebe Berichte über möglicherweise eingestürzte Gebäude und eine Reihe von Krankenhäusern werde mit Notstrom-Generatoren betrieben. Man wisse auch, dass einige Menschen Hilfe benötigten. Genaueres werde sich im Laufe des Tages zeigen. Criswell sagte außerdem: "Ich glaube nicht, dass es einen schlechteren Weg für den Sturm hätte geben können." "Ida" sei nicht nur als "extrem gefährlicher Hurrikan" der Stufe vier auf Land getroffen, sondern auch stundenlang ein solcher Sturm geblieben.

Das Nationale Hurrikanzentrum in Miami (NHC) hatte vor der Ankunft des Hurrikans in Louisiana am Sonntag vor heftigem Regen, einer "lebensgefährlichen Sturmflut" und katastrophalen Windböen gewarnt. Einige Medien nannten "Ida" einen "Monster-Sturm", da sich die Stärke seiner Böen innerhalb von 24 Stunden nach Angaben von Meteorologen auf "explosive" Art verdoppelt hatte.

Im Laufe der Nacht schwächte sich der Hurrikan ab, und das NHC stufte ihn schließlich zu einem Tropensturm herab. "Ida" zog am Montag als Tropensturm in nordöstlicher Richtung über Louisiana weg und sollte noch am Nachmittag den Nachbarstaat Mississippi erreichen. Der Sturm brachte anhaltende Windgeschwindigkeiten um die 75 Stundenkilometer oder noch stärkere Böen mit sich.

Fotos und Videos in örtlichen Medien zeigten in den küstennahen Gebieten Häuser, die unter Wasser standen, Straßen, die zu Flüssen anschwollen, abgedeckte Häuser und zahlreiche entwurzelte Bäume und umgeknickte Strommasten. Aus Sicherheitsgründen sei zudem die wichtige Erdöl-Produktion in der Region teilweise stillgelegt worden.

Im Ort Galliano habe der Sturm Teile des Daches eines Krankenhauses weggerissen. Es sei aber niemand verletzt worden. Die Kliniken in der Region seien angesichts der Ausbreitung der Delta-Variante derzeit mit Corona-Patienten gut ausgelastet, hieß es.

"Wir haben schon früher Überschwemmungen und Stürme erlebt. Aber so viel Wasser habe ich noch nie gesehen", berichtete Tim Kerner, der Bürgermeister des Örtchens Jean Lafitte CNN. "Ida" habe seine Gemeinde völlig verwüstet. Da ein vom Wasser mitgerissenes Fahrzeug eine Brücke zerstört habe, säßen 200 bis 300 Einwohner fest. "Wir können keine Boote ins Wasser lassen, das wäre lebensgefährlich."

Louisianas Gouverneur John Bel Edwards aktivierte die Nationalgarde mit rund 5000 Soldaten und mobilisierte Hunderte Bergungsexperten. Zudem standen Tausende Arbeiter bereit, um die Stromversorgung wieder herzustellen. Besonders betroffen waren niedrig liegende Gebiete südwestlich der Stadt New Orleans, für die es zuvor zumeist Evakuierungsanordnungen gegeben hatte. Auch aus der weiter nördlich gelegenen Kleinstadt Houma mit rund 30 000 Einwohnern, die direkt im Pfad des Sturms lag, kamen erste Berichte über schwere Schäden. In New Orleans waren Überschwemmungen und Schäden an Gebäuden zu sehen.

In der Gemeinde Prairieville wurde eine Person von einem umstürzenden Baum tödlich verletzt, wie das örtliche Sheriff-Büro am Sonntagabend auf Facebook mitteilte. Es soll sich um einen 60-Jährigen handeln, berichteten Medien. Der Ort liegt südöstlich von Baton Rouge, der Hauptstadt Louisianas. Zudem waren in dem Bundesstaat und im benachbarten Mississippi mehr als eine Million Kunden ohne Strom, wie aus Daten der Website poweroutage.us hervorging.

Der Strom fiel auch im gesamten Stadtgebiet von New Orleans aus, wie die Einsatzzentrale mitteilte. "Der einzige Strom in der Stadt kommt von Generatoren", hieß es. Die meisten der rund 400 000 Einwohner von New Orleans mussten sich mit Kerzen, Taschenlampen oder Gaslampen behelfen - oder in der Dunkelheit ausharren. Vom zuständigen Stromunternehmen Entergy kamen keine guten Nachrichten: Es sei nicht damit zu rechnen, dass die Versorgung in Kürze wiederhergestellt werden könne. Der Hurrikan habe alle acht für die Strombelieferung der Stadt zuständigen Leitungen beschädigt. Im ganzen Bundesstaat waren mehr als eine Million Haushalte ohne Strom.

Präsident Joe Biden erklärte für Louisiana - wie vom Bundesstaat erbeten - den Katastrophenfall. Somit können Bundesmittel für den Wiederaufbau und zur Unterstützung betroffener Bürger und Unternehmen freigegeben werden, wie das Weiße Haus mitteilte. Seit "Katrina" wurden in der Region bereits Milliarden Dollar in den Hochwasserschutz investiert.

Biden hatte zuvor die Zentrale der US-Katastrophenschutzbehörde Fema in Washington besucht. "Das wird ein zerstörerischer Hurrikan, ein lebensbedrohlicher Sturm", warnte auch er. "An die Menschen der Golfküste, ich will, dass Sie wissen: Wir beten für den besten Ausgang, und bereiten uns auf das Schlimmste vor." Biden versprach den Menschen die Unterstützung der Regierung. "Sobald der Sturm vorübergezogen sein wird, werden wir die ganze Macht dieses Landes für Rettung und Wiederaufbau einsetzen", sagte Biden.

Die Behörde Fema flog Hunderte Helfer und Vorräte - darunter Millionen Mahlzeiten, Trinkwasser und Dutzende Generatoren - in die Region. Auch Dutzende Krankenwagen und mehrere Sanitätsflugzeuge wurden bereitgestellt. Die Küstenwache stationierte zahlreiche Hubschrauber und Boote für den bevorstehenden Rettungseinsatz. Auch das US-Militär bereitete sich auf einen Hilfseinsatz vor./jbz/DP/mis