Bern (awp/sda) - Ex-UBS-CEO Sergio Ermotti sieht keinen zwingenden volkswirtschaftlichen Nutzen in zwei Grossbanken wie UBS und Credit Suisse. Auch 24 Kantonalbanken brauche die Schweiz nicht, sagte der heutige Präsident des Rückversicherers Swiss Re der "NZZ am Sonntag" im Interview.

Die Stärke des Finanzplatzes sei die Diversifizierung. Das sei wichtiger als die Zahl der Grossbanken, so Ermotti weiter. Auch wenn es schön sei, dass die Schweiz zwei erfolgreiche Grossbanken habe: "Der Inlandmarkt ist nicht von den beiden Grossbanken abhängig." Ihre Marktanteile im Kredit- und Hypothekargeschäft seien nicht grösser als die von anderen Banken.

In den letzten Jahren seien Kantonalbanken, die Raiffeisen- und die Regionalbanken "enorm gewachsen." Auch Privatbanken legten zu, so Ermotti weiter.

Das härtere Umfeld für Grossbanken wie die Credit Suisse fordere harte Entscheidungen. Der Credit Suisse riet der frühere Banker, sich auf ihre Stärken zu fokussieren und die nötigen Reformen einzuleiten. Dann habe sie gute Chancen als eigenständige Bank zu überleben. Die Frage der "NZZ am Sonntag", ob er für den CEO-Posten bei der Credit Suisse angefragt wurde, beantwortete Ermotti mit: "Kein Kommentar."

Wetterextreme nehmen zu

Mit Blick auf die Rückversicherungsbranche rechnet Ermotti aufgrund des Klimawandels mit einer weiteren Zunahme der Wetterextreme rund um den Globus. "Wenn wir keine Gegenmassnahmen ergreifen und die globale Durchschnittstemperatur bis 2050 um 3,2 Grad ansteigen sollte, wird dies die Weltwirtschaft bis zu 18 Prozent kosten", warnte Ermotti.

Die Folgen des Klimawandels gehen laut Ermotti aber weit über das Finanzielle hinaus. "Hunderte Millionen von Menschen,

die heute dem Mittelstand angehören, würden ihre Existenz verlieren und in die Armut zurückfallen. Die Folge wären soziale

Unruhen und Flüchtlingsströme. Das zeigt, dass wir dringend handeln müssen."

Ob 2022 nach Katastrophen wie der Hitzewelle in Indien, den Überschwemmungen in Australien oder der Sommerdürre in Europa gemessen an den Katastrophenschäden zu einem Rekordjahr werde, muss sich laut Ermotti noch zeigen. "Wir stehen derzeit mitten in der Hurrikansaison, und es kann noch viel passieren." Der Trend halte aber schon länger an: Im letzten Jahrzehnt seien die versicherten Schäden jährlich um 5 bis 7 Prozent gestiegen.

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