In Europa: Erleichterung mit Einschränkungen

In Europa konnten Zulieferer inzwischen ausreichend Ausfuhrlizenzen sichern, um die zu Monatsbeginn befürchteten massiven Störungen zu vermeiden. „Vielleicht wird die eine oder andere Fertigungslinie beeinträchtigt, aber das Schlimmste haben wir bislang abgewendet“, so Nils Poel, Leiter Marktangelegenheiten bei CLEPA, dem europäischen Verband der Automobilzulieferer. Die Genehmigungsquote sei deutlich gestiegen – von 25 % auf nunmehr 60 %. Langsamer gestaltet sich der Prozess jedoch bei Anträgen mit US-amerikanischen Endkunden oder bei Umwegexporten über Drittländer wie Indien – sie hängen oft weiter in der Warteschleife.

Ford hat in den vergangenen drei Wochen mehrere Werke schließen müssen – als direkte Folge der Magnetknappheit, wie CEO Jim Farley am Freitag erklärte. Volkswagen dagegen sieht seine Versorgungslage derzeit als stabil an, während Stellantis angibt, die akuten Probleme überwunden zu haben.

Exportkollaps nach Zöllen – 75 % Rückgang

Auslöser der Krise waren die chinesischen Exportbeschränkungen im April, eine Reaktion auf die US-Zölle. Die Folge: ein Rückgang der Ausfuhren seltener Erden um rund 75 %. Drei Monate nach Inkrafttreten sorgt das als intransparent geltende chinesische Lizenzsystem weiterhin für erhebliche Unsicherheit in der Industrie. Ersatzlieferanten außerhalb Chinas existieren zwar, sind aber weit von einer marktreifen Lösung entfernt.

Angesichts der verfahrenen Lage kündigten Peking und Washington am Donnerstag eine Vereinbarung an, um die Lieferungen an US-Unternehmen zu beschleunigen. Das US-Finanzministerium erklärte, regelmäßige Kunden würden künftig bevorzugt beliefert. „Ich bin jetzt zuversichtlich ... die Magneten werden wieder fließen“, sagte US-Finanzminister Scott Bessent auf Fox Business.

Laut Angaben mehrerer europäischer und amerikanischer Branchenvertreter hat sich die Lage von „totaler Panik“ hin zu einem „fragilen Gleichgewicht“ entwickelt – gerade ausreichend, um Produktionsstillstände zu vermeiden. Ein europäischer Verantwortlicher meint: „China liefert derzeit gerade so viel, wie nötig ist, um die Produktionsketten nicht zum Erliegen zu bringen.“

Langwieriger und unsicherer Prozess in den USA

In den Vereinigten Staaten bleibt die Lage für einige Branchen jedoch kritisch. So berichtet Joe Stupfel, CEO von Dexter Magnetic Technologies – einem Zulieferer unter anderem für den Verteidigungssektor –, dass sein Unternehmen seit April nur 5 von 180 beantragten Lizenzen erhalten habe. Keine davon betraf sicherheitsrelevante Anwendungen. „Es handelt sich um erhebliche Verzögerungen“, so Stupfel. „Allein das Ausfüllen der Unterlagen durch die Lieferanten dauert rund 45 Tage – und dann noch einmal 45 Tage bis zur Lizenzvergabe.“

Der Flaschenhals bleibt bestehen – auch wenn erste Magnetströme wieder durch das globale System fließen. Die strukturelle Abhängigkeit von China in diesem Bereich bleibt ein strategisches Risiko für die Industrie.