LUXEMBURG (dpa-AFX) - Die Europäer wollen weitere Steuerschlupflöcher für multinationale Konzerne schließen. Die EU-Finanzminister machten bei einem neuen Gesetz gute Fortschritte, resümierte der französische Ressortchef Michel Sapin am Freitag in Luxemburg nach mehrstündigen Beratungen.

"Ich habe keinen Zweifel, dass dies angenommen wird." Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte sich zuversichtlich gezeigt. Die Verhandlungen gestalteten sich schwierig, da für einen Beschluss Einstimmigkeit nötig ist.

Bei dem EU-Gesetz geht es darum, dass in mehreren Ländern tätige Konzerne ihre Steuern dort zahlen, wo Gewinne anfallen. Die EU-Kommission hatte Anfang des Jahres eine Initiative gegen Steuervermeidung vorlegt - öffentlichen Kassen in der EU entgehen deswegen 50 bis 70 Milliarden Euro im Jahr.

Der EU geht es auch darum, Empfehlungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der G20-Staaten umzusetzen. "Der Kampf, der auf Ebene der G20 und der OECD geführt wurde, wird in eine europäische Richtlinie übersetzt, um gegen diese unerträgliche Steuer-Optimierung zu kämpfen", bilanzierte Sapin. Diese Optimierung sei schädlich für die Volkswirtschaften und den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft.

Nach den Enthüllungen über die "Panama-Papers" hatte der internationale Kampf gegen Steueroasen und illegale Finanzströme neuen Auftrieb erhalten.

Nach Erkenntnis der EU-Kommission tragen kleinere Unternehmen, die nicht in mehreren Ländern tätig sind, im Schnitt eine um 30 Prozent höhere Steuerlast als multinationale Konzerne. Die Wettbewerbshüter der Kommission nahmen bereits mehrere Unternehmen wegen möglicher unlauterer Steuervorteile ins Visier, unter anderem die US-Imbisskette McDonald's oder den Kaffeehausbetreiber Starbucks .

Folgen eines möglichen EU-Austritt Großbritanniens standen nicht auf der offiziellen Tagesordnung. EU-Vize-Kommissionschef Valdis Dombrovskis warnte vor einer "Turbulenz", falls die Briten sich für einen Brexit entscheiden sollten. Doch auch nach einem Brexit-Votum würde Großbritannien zunächst weiter in der EU verbleiben.

Die Minister berieten zudem über einen Fahrplan für die Bankenunion. Berlin wehrt sich gegen einen raschen Aufbau eines gemeinsamen Topfes, der die Ersparnisse von Kunden im Fall einer Bankenpleite europaweit absichern soll. "Wir werden bei der Stärkung der Bankenunion nicht mit der Einlagensicherung beginnen", sagte Schäuble. "Sondern wir werden damit beginnen, dass wir die im Bankensektor vorhandenen Risiken Schritt für Schritt(...) reduzieren." Laut einer Ministererklärung soll die Arbeit bei der Einlagensicherung fortgesetzt werden; der Text erwähnt auch die Möglichkeit, dass Länder dafür eine besondere zwischenstaatliche Vereinbarung schließen./cb/DP/men