Von Dan Gallagher

NEW YORK (Dow Jones)--Es ist einfach zu schade, dass Sony nicht jedes Wochenende einen neuen Spider-Man-Film drehen kann. Der jüngste Ausflug des Spinnenmannes - "Spider-Man: No Way Home" - hat seit seinem Kinostart Mitte Dezember mehr als 467 Millionen US-Dollar im Inland und weltweit mehr als eine Milliarde Dollar an den Kinokassen eingespielt. Das macht ihn zum mit Abstand größten Hit der Pandemiezeit, denn der Film verkaufte mehr als doppelt so viele Eintrittskarten wie der Zweitplatzierte, Disneys "Shang-Chi und die Legende der zehn Ringe", wie die Website "The Numbers" berichtet.

Dieser Ansturm hätte den Film schon vor der Pandemie als Hit qualifiziert. Nur 45 andere Filme in der Geschichte haben weltweit die 1-Milliarden-Dollar-Marke überschritten.

Mit seinem exklusiven Kinostart hat Spider-Man auch der Filmindustrie, die noch immer unter den Auswirkungen der Pandemie leidet, einen dringend benötigten Auftrieb gegeben. Aber ein einzelner Film kann nur eine begrenzte Wirkung entfalten. Nur noch wenige Tage im Jahr, und die Kinobranche hat weniger als die Hälfte des Umsatzes erwirtschaftet, den sie vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie Anfang 2020 erzielte. Laut "The Numbers" erreichen die Ticketverkäufe in den USA in diesem Jahr nur etwa 38 Prozent des Niveaus von 2019.


Kinos brauchen mehr Blockbuster 

Das hat die Erwartungen deutlich gedämpft. Alicia Reese von Wedbush geht davon aus, dass die Kasseneinnahmen in den USA im Jahr 2022 auf etwa 60 Prozent der Gesamteinnahmen von 2019 steigen. Die Umsatzprognosen der Wall Street für Cinemark und AMC Entertainment im Jahr 2022 liegen laut den Konsensschätzungen von Factset bei etwa 83 Prozent dessen, was die beiden Ketten im Jahr 2019 erreicht haben. Diese Prognosen beruhen zum Teil auf der Vorstellung, dass zurückkehrende Besucher einen stärkeren Appetit haben, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Die Prognosen für die Konzessionseinnahmen der beiden Ketten im Jahr 2022 liegen bei mehr als 90 Prozent der jeweiligen Werte von 2019.

Um dieses Niveau zu erreichen, müssen mehr Filme in die Kinos kommen, was im Zeitalter des Streaming keine leichte Übung ist. Der Spider-Man-Produzent Sony Pictures ist das einzige große Hollywood-Studio, das noch keinen eigenen Streaming-Dienst hat. Die übrigen Studios befinden sich in einem heiklen Balanceakt. Sie wollen einerseits von den Kinokartenverkäufen profitieren, andererseits aber auch große, exklusive Inhalte anbieten, um Streaming-Abonnenten anzulocken.


Streaming macht den Kinos das Leben schwer 

Dieses Kalkül hat die Renditen von Filmen mit Blockbuster-Format durcheinandergebracht. Das reicht von Disneys "Black Widow" - der am Tag seines Kinodebüts für 30 Dollar zu Hause gestreamt werden konnte - bis hin zum gesamten Kinoprogramm 2021 von AT&Ts Warner Bros, das HBO-Max-Abonnenten am selben Tag wie die Kinofilme sehen konnten. Der neueste Film von Warner - "The Matrix Resurrections" - kam kurz vor den Weihnachtsferien in die Kinos und spielte an seinem Eröffnungswochenende nur 12 Millionen Dollar ein - laut Box Office Mojo ein Rekordtief für diese Reihe.

Aber auch die exklusiven Kinostarts der großen Filmreihen sind keine todsicheren Hits. "Eternals" aus Disneys Marvel-Universum und der neueste James-Bond-Film "No Time to Die" von MGM starteten in diesem Herbst in den wiedereröffneten Kinos, blieben aber hinter den Erwartungen zurück. "West Side Story" des berühmten Regisseurs Steven Spielberg brachte am Eröffnungswochenende Anfang des Monats nur 10,6 Millionen Dollar ein. Das markiert einen bemerkenswerten Tiefpunkt für den Filmemacher, der laut "The Numbers" der umsatzstärkste Regisseur der Welt ist.

Derweil zeigt das boomende Geschäft von "Spider-Man: No Way Home", dass trotz Corona die Kinobesucher für den richtigen Film immer noch in Scharen in die Lichtspielhäuser strömen. Das Problem für Kinobesitzer und ihre Investoren ist, dass diese richtigen Filme immer seltener werden - und viel schwieriger im Voraus zu erkennen sind.

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December 29, 2021 03:51 ET (08:51 GMT)