Brüssel/Berlin (Reuters) - Die EU-Staaten können sich trotz eines Kompromissvorschlags der Kommission weiter nicht auf eine Preis-Grenze beim Gas-Einkauf verständigen.

"Man kann zusammenfassend sagen, dass alle irgendwie unglücklich sind mit dem Vorschlag der Kommission", sagte der deutsche Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold am Donnerstagmorgen kurz vor Beginn eines Sonder-Treffens der Energieminister in Brüssel. "Da wird noch viel Arbeit auf uns zukommen." Für Deutschland sei wichtig, dass die Märkte nicht durcheinanderkämen. Die belgische Ministerin Tinne Van der Straeten sagte: "Dieser Kommissions-Vorschlag muss im Detail diskutiert und der Text verbessert werden." Einigen Staaten halten den Kommissionsvorschlag für nicht weitgehend genug und damit unwirksam im Kampf gegen die hohen Preise. Anderen geht er als Eingriff in den Markt schon zu weit.

Die Kommission hatte eine Obergrenze bei einem Anstieg der Gaspreise im Großhandel vorgeschlagen. Diese soll nur unter hohen Auflagen greifen - wenn der Preis an der europäischen Gasbörse in den Niederlanden (TTF) über zwei Wochen hinweg höher als 275 Euro pro Megawattstunde liegt. Zugleich muss der Preis zuvor zehn Tage um mindestens 58 Euro über einem weltweiten Referenzpreis für Flüssiggas liegen. Derzeit liegt der TTF-Preis etwa über 100 Euro pro Megawattstunde. Im Sommer hatte er kurzzeitig bei über 300 Euro gelegen.

Eine Gruppe von 15 Staaten, geführt vor allem von Spanien und Frankreich, hält den Deckel für zu hoch und glaubt nicht, dass er so wirken kann. Die polnische Ministerin Anna Moskwa nannte diesen Deckel einen "Witz". Eine zweite kleinere Gruppe, geführt von Deutschland, sieht einen Deckel allgemein kritisch. Sie fürchtet, dass Flüssiggas dann gar nicht erst in Europa ankommen und das Gas in Europa rationiert werden muss. Zudem könnte dies dann zu Verteilungskämpfen unter den Staaten kommen, wenn es eine Gasmangel-Lage gibt. "Das wollen wir unbedingt vermeiden", sagte Giegold.

Auch formal einigen werden sich die Mitgliedsländer allerdings auf einen gemeinsamen Gas-Einkauf sowie eine bessere Förderung Erneuerbarer Energien, deren Ausbau Vorrang in ganz Europa bekommen soll. Dies soll Genehmigungen beschleunigen. Darauf hatten sich die Minister und die Kommission bereits im Vorfeld verständigt.

(Bericht von: Markus Wacket; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)