DARMSTADT (dpa-AFX) - Die Software hat in der Corona-Pandemie im zweiten Quartal überraschend viele Aufträge bekommen. Insgesamt legte der Auftragseingang gegenüber dem Vorjahresquartal um 32 Prozent zu, wie der MDax-Konzern am Mittwoch in Darmstadt mitteilte. Das war deutlich mehr, als Analysten zuvor geschätzt haben. Alle Sparten konnten mehr Neugeschäft an Land ziehen als gedacht. Auch wenn die Entwicklung von Umsatz und Ergebnis weit weniger dynamisch war, stieg die Aktie am Vormittag um 8 Prozent auf ein neues Hoch seit 2018.

Die Jahresprognose, die sich maßgeblich nicht auf den Umsatz, sondern auf die Bestellungen stützt, behält das Unternehmen allerdings trotz der starken Entwicklung zwischen April und Ende Juni bei - auch wegen neuer Risiken in der Pandemie, wie es hieß. Vorstandschef Sanjay Brahmawar hatte für das erste Halbjahr bereits eine relativ normale Entwicklung in Aussicht gestellt, aber vor Unsicherheiten in der zweiten Jahreshälfte gewarnt.

"Wir wissen nicht, wie sich die Corona-Situation in den kommenden Monaten entwickeln wird", sagte der Belgier. "Ich bin jedoch davon überzeugt, dass wir gut aufgestellt sind, um erfolgreich durch diese unsicheren Zeiten zu kommen und unsere Kunden bei ihren Digitalisierungsvorhaben zu unterstützen, die in den vergangenen Monaten eine neue Bedeutung erlangt haben." Brahmawar sprach von einem "starken Ergebnis" im abgelaufenen Dreimonatszeitraum.

Die Aktie der Software AG hat sich in den vergangenen Wochen bereits kontinuierlich aus dem Corona-Crash herausgekämpft, zwischenzeitlich war sie bis auf 21,60 Euro gefallen. Mittlerweile liegt das Papier der Darmstädter mit 40,76 Euro sogar wieder komfortabel über dem Vorkrisenniveau von rund 34 Euro. Bis zum Rekordhoch aus dem Januar 2018 bei fast 50 Euro ist es aber noch ein ganzes Stück.

Mit ihrem Neugeschäft hätten die Darmstädter die Erwartungen deutlich übertroffen, schrieb Analyst Gautam Pillai von Goldman Sachs in einer ersten Einschätzung. Der unveränderte Ausblick erscheine nun konservativ. Auch Knut Woller von der Baader Bank hob den Auftragseingang hervor - dieser dürfte am Markt gut ankommen, schrieb er. Händler sahen auch das operative Ergebnis über den Erwartungen.

Im April hatte das Unternehmen die Prognosen für den Auftragseingang, die sogenannten Bookings, gesenkt. Bookings sind der normierte Rechnungswert abgeschlossener Verträge, wie ihn Softwareunternehmen gerne angeben, weil die Erlöse zunehmend erst in Raten in der Zukunft fließen und nicht mehr so sehr wie früher als Einmalzahlungen.

Im Geschäft mit eigentlicher Integrationssoftware (DBP ex Cloud/IoT) rechnen die Darmstädter mit währungsbereinigt bis zu 10 Prozent Plus im laufenden Jahr. Beim neu aufgebauten Zukunftsgeschäft mit der Cloud und der Vernetzung von Maschinen (IoT) sollen es zwischen 20 und 40 Prozent mehr sein als im Vorjahr. Im angestammten Datenbankbereich (A&N) geht die Software AG von minus 3 bis plus 3 Prozent aus.

Beim abgerechneten Geschäft sah die Bilanz dagegen im zweiten Quartal spürbar weniger schwungvoll aus. Der Umsatz ging insgesamt um drei Prozent auf knapp 205 Millionen Euro zurück. Das lag im Rahmen der Erwartungen, das neu aufgebaute Zukunftsgeschäft mit Software aus der Cloud und zur Vernetzung von Maschinen enttäuschte aber.

Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (Ebita) sackte um 26 Prozent auf 41,4 Millionen Euro ab. Die Software AG baut derzeit ihr Erlösmodell auf Abonnements um, weswegen abgerechneter Umsatz und die operative Marge wie erwartet unter Druck kommen. Im zweiten Quartal lag die Marge mit 20,2 Prozent zwar 6,5 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert, aber etwas besser als am Markt erwartet. Unter dem Strich fiel der Gewinn um gut ein Drittel auf 21,7 Millionen Euro.

Mit dem Umbau des Geschäftsmodells will Brahmawar einerseits das stark vertriebsabhängige Geschäft verstetigen, nach und nach soll der Umsatz vor allem aus laufenden Verträgen kommen und nicht mehr aus Einmalverträgen. In der Vergangenheit hatten verzögerte und stark schwankende Vertragsabschlüsse des Öfteren die Quartalsbilanzen verhagelt und Unsicherheit bei Investoren hervorgerufen. Zudem geht der große Trend in der Softwarebranche ohnehin in Richtung Laufzeitverträge anstatt des Einmalverkaufs von Softwarelizenzen.

"Angesichts der aktuellen Situation sind diese Zahlen bemerkenswert robust", sagte der seit Juli amtierende neue Finanzvorstand Matthias Heiden, der vom Nutzfahrzeugzulieferer SAF Holland gekommen ist. "Für die Zukunft möchte ich sicherstellen, dass wir widerstandsfähig bleiben und uns auf unsere ambitionierten Wachstumsziele konzentrieren", sagte Heiden./men/ssc/mis