Frankfurt (Reuters) - Die Finanzaufsicht BaFin zieht die Reißleine bei der in Bremen ansässigen Greensill Bank.

Die Behörde erließ am Mittwoch wegen drohender Überschuldung ein Moratorium über das Institut und schob damit Ein- und Auszahlungen einen Riegel vor. Sie erstattete zudem bei der Staatsanwaltschaft Bremen Anzeige gegen Verantwortliche des Geldhauses, wie die Staatsanwaltschaft Bremen erklärte. Im Raum steht Verdacht auf Bilanzmanipulation. Die Spareinlagen bei der Greensill Bank sind durch den Einlagensicherungsfonds geschützt. Moratorien sind selten, zuletzt kam es im Februar 2018 zu einem solchen Fall.

Die bislang kaum bekannte Greensill Bank gehört zur britisch-australischen Gesellschaft Greensill Capital und ist eine Art Geld- und Garantiegeber für die Mutter, die in der Lieferketten-Finanzierung tätig ist. Dafür sammelten die Bremer über Online-Portale wie "Zinspilot" und "Weltsparen" in den vergangenen Jahren Spareinlagen von Privatleuten ein. Die Verbindlichkeiten gegenüber Kunden beliefen sich Ende 2019 laut Jahresabschluss der Bank auf knapp 3,3 Milliarden Euro. Etwa eine Milliarde stammen von privaten Anlegern wie aus einem Bericht der Ratingagentur Scope hervorgeht. Diese Einlagen sind über den Einlagensicherungsfonds der privaten deutschen Banken abgesichert, wie der Bankenverband BdB erklärte.

Zuletzt wurde der Einlagensicherungsfonds 2016 von der Maple Bank angezapft. 2018 verhängte die BaFin ein Moratorium über die Dero Bank, die jedoch kein Fall für den Fonds war.

VERBINDUNGEN ZU STAHLMAGNAT GUPTA

Laut BaFin wurde bei einer Sonderprüfung der Greensill-Bilanzen festgestellt, dass das Institut nicht in der Lage ist, einen Nachweis über die Existenz von bilanzierten Forderungen zu erbringen, die sie von der GFG Alliance Group angekauft hat. GFG steht für Gupta Family Group und gehört dem indisch-briti­schen Stahl­ma­gna­ten Sanjeev Gupta. Dessen Firma Liber­ty Steel ist vor kurzem mit der Übernahme der Stahl­spar­te von Thyssenkrupp geschei­tert.

Die BaFin hat die Greensill Bank wegen ihrer Verbindung zu Gupta seit dem vergangenen Herbst im Visier. Zur Überwachung des Tagesgeschäfts setzte sie kürzlich einen Sonderbeauftragten der Bundesbank dort ein. Von der Bundesregierung erhielt die BaFin Rückendeckung. Die Behörde habe ganz früh jeden Stein bei Greensill umgedreht und massive Risiken und Mängel aufgedeckt, hieß es in Regierungskreisen. Die BaFin steht unter massiver Kritik, den mutmaßlichen Bilanzbetrug beim Zahlungsabwickler Wirecard nicht entdeckt zu haben.

Die Greensill-Holding will Medienberichten zufolge Insolvenzschutz in Australien beantragen und sucht einen neuen Eigentümer. Laut Insidern verhandelt sie mit dem Finanzinvestor Apollo. Greensill Capital wurde 2011 vom Citigroup-Banker Lex Greensill gegründet. Die Holding hat ihren Sitz in Australien, das operative Geschäft ist in der britischen Tochter Greensill Capital gebündelt. 2014 übernahm die Gesellschaft in Bremen die Nordfinanz Bank und firmierte sie in Greensill Bank um.

SCHWEIZER KAPPEN VERBINDUNG ZU GREENSILL

Spezialisiert ist Greensill Capital auf Lieferketten-Finanzierungen. Die Gesellschaft übernimmt Forderungen eines Lieferanten und zahlt sie sofort aus mit einem kleinen Abschlag. Die Forderungen werden zu Anleihen gebündelt und an Investoren verkauft. Auf diese Art und Weise hat Greensill Capital nach eigenen Angaben 2019 Forderungen von zehn Millionen Kunden im Volumen von 143 Milliarden Dollar gebündelt und weitergeleitet. Die Banktochter sicherte solche Forderungen zum Teil ab, unter anderem mit den Einlagen deutscher Sparer.

Seit Anfang der Woche waren wichtige Finanzierungsquellen für Greensill Capital weggefallen: Die Schweizer Großbank Credit Suisse stellte den Handel mit Greensill-Lieferketten-Fonds ein. Der ebenfalls in der Schweiz ansässige Fondsanbieter GAM kündigte an, den Greensill Supply Chain Finance Fonds abzuwickeln.