PIOMBINO (dpa-AFX) - In Italiens Wahlkampf entwickelt sich ein geplantes Flüssiggas-Terminal in der Toskana zum größeren Streitthema. Der Gasnetzbetreiber Snam plant, das Schiff "Golar Tundra" im Hafen der Stadt Piombino zu platzieren und darüber ab dem Frühjahr 2023 angeliefertes Flüssigerdgas (LNG) umzuwandeln und in die Netze zu speisen. "Die Wahl Piombinos ist absolut falsch", sagte Bürgermeister Francesco Ferrari im Interview der Zeitung "La Repubblica" (Freitag).

Er gehört zur rechtsextremen Partei Fratelli d'Italia (FdI), die Umfragen derzeit bei der Parlamentswahl am 25. September in Führung sehen. Seine Partei sei grundsätzlich für LNG-Terminals, betonte Ferrari. Er müsse aber seine Gemeinde schützen.

Am Vortag sorgte Ferraris Parteifreund Ignazio La Russa in einem Interview zusätzlich für Verwirrung, als er sagte, die Fratelli seien für die Gasverflüssigungsanlage in Piombino und man könne sich nicht immer mit "Ja, aber nicht vor meiner Haustür" rausreden.

Andere Parteien schalteten sich am Freitag in die Debatte ein. Ex-Regierungschef Matteo Renzi von der kleinen Zentrumspartei Italia Viva kritisierte, dass der Fratelli-Bürgermeister in Piombino trotz Energiekrise immer noch gegen den Gasverflüssiger sei.

Italien braucht das LNG-Terminal, das laut Snam 6,5 Prozent des landesweiten Gas-Bedarfs abdecken kann. Vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine war das Mittelmeerland von Gas aus Moskau abhängig und suchte sich neue Lieferanten in Afrika und auf der arabischen Halbinsel. Ein Teil des Gases kommt deshalb flüssig per Schiff statt durch die Pipeline, weshalb die "Golar Tundra" nötig ist.

Am Samstagabend ist in Piombino eine Demonstration geplant Die Gegner in der von der Stahlindustrie geprägten Kleinstadt sehen in der Anlage ein unkalkulierbares Risiko für ihre Sicherheit, Wirtschaft und den Tourismus./jon/DP/nas