--Prognosen nochmals erhöht

--Milliardenumsatz mit Corona-Antigentests erwartet

--Operatives Ergebnis im 2. Quartal deutlich über Erwartungen

(NEU: Details, Aussagen aus der Pressekonferenz)

Von Olaf Ridder

FRANKFURT (Dow Jones)--Ein außerordentlich starkes Geschäft mit Covid-19-Antigentests und der übernommene US-Krebsspezialist Varian haben Siemens Healthineers im dritten Quartal unerwartet deutlich angetrieben. Dem Unternehmen sei es gelungen, der öffentlichen Hand in Europa zu Beginn der breit angelegten Corona-Testprogramme verlässlich Millionen von Tests zusagen zu können, sagte Vorstandschef Bernd Montag. Davon habe man insbesondere in den zurückliegenden drei Monaten profitiert.

Bis Ende Juni wurden mit den Tests rund 920 Millionen Euro Umsatz erzielt, vornehmlich in Europa. Mit rund 1 Milliarde Euro Umsatz rechnet die in Erlangen ansässige Siemens-Tochter für das laufende Jahr aus diesem schnell hochgezogenen Geschäft. Das bedeutet rechnerisch nur noch 80 Millionen Euro über den Sommer. Signifikant werden Umsatz und Ergebnisbeitrag der Test zurückgehen, heißt es denn auch in einer Präsentation des Unternehmens. Das Test-Geschäft trete mit dem Impffortschritt und hoher Verfügbarkeit in eine neue Phase, erläuterte Konzernchef Montag. Es ähnele künftig dem frei verfügbarer Medikamente. Überdies sind Schulen in Deutschland - ein Hauptabnehmer - im Sommer geschlossen.

Starkes Wachstum verzeichnete Healthineers überdies im Geschäft mit bildgebenden Geräten. Röntgenapparate, CT und MRT - überall gab es hohen Nachholbedarf, weil in der Pandemie die Krankenhäuser Investitionen verschoben und Installationen auch kaum möglich waren. Auch die Routineuntersuchungen von Patienten in den Laboren sind mittlerweile auf normalem Niveau angekommen.

Insgesamt setzte Siemens exakt 5 Milliarden Euro im zweiten Quartal um - darin sind 591 Millionen Euro Umsatzbeitrag vom Strahlentherapiespezialisten Varian enthalten, der seit Mitte April zum Konzern gehört. Ohne Varian betrug das Wachstum 39 Prozent. Wie bedeutsam das Testgeschäft war, lässt sich an der Region EMEA ablesen. Dort stiegen die Einnahmen laut Finanzchef Jochen Schmitz um 80 Prozent - exklusive Tests wären es rund 20 Prozent gewesen.

Der bereinigte operative Gewinn (EBIT) verdoppelte sich auf 945 Millionen Euro und übertraf damit den Analystenkonsens von 784 Millionen Euro deutlich. 98 Millionen Euro trug Varian zu dem Ergebnis bei. Die viel beachtete Segmentergebnismarge stieg um 480 Basispunkte auf 18,8 Prozent - auch dies ein Effekt des Testgeschäftes, das die Rendite in der Diagnostics-Sparte auf 21 Prozent in die Höhe trieb. Ohne die Antigen-Tests wäre sie gut auf dem Halbjahresniveau (10,6 Prozent) geblieben, so der Finanzchef. Wechselkurse, höhere Bonuszahlungen an Mitarbeiter und ungünstige Effekte beim Produktmix wirkten gegenläufig.

Nach der starken Entwicklung im dritten Quartal wird der Konzern nochmals optimistischer: Das vergleichbare Wachstum - ohne Varian - wird nun bei 17 bis 19 (bisher: 14 bis 17) Prozent gesehen. Der bereinigte Gewinn je Aktie soll weiter maximal 2,05 Euro erreichen, am unteren Ende der Zielspanne werden es mit 1,95 Euro aber 5 Cent mehr als bisher.

Geholfen hat das Testgeschäft dem Unternehmen auch bei den Mittelzuflüssen. Der Free Cashflow erreichte mit 852 Millionen Euro das Zweieinhalbfache des Vorjahreswertes. Das ist gut für die Entschuldung des Unternehmens, die mit der Varian-Konsolidierung nun bei 12,9 Milliarden Euro liegt - das 3,7-fache des EBITDA in den zurückliegenden zwölf Monaten.

Trotz des absehbaren Endes der Test-Sonderkonjunktur muss sich Healthineers mit Blick auf das Wachstum nicht sorgen. Mehr als 5,5 Milliarden Euro Neugeschäft wurden zuletzt verbucht. Bernd Montag hob besonders das um mehr als 50 Prozent gewachsene Auftragsvolumen aus Rahmenverträgen mit Gesundheitskonzernen und Krankenhäusern hervor.

Hier liege die besondere Bedeutung von Varian als zusätzliches Geschäftsfeld. In Malaysia sei gerade ein Abschluss gelungen, der sowohl die eigene Radiologie und die Strahlentherapie von Varian umfasste. Bis Ende September seien noch weitere Partnerschaften zu erwarten, so der Vorstandschef.

An der Börse zündeten Zahlen und Ausblick nicht. Die Aktie notierte gegen Mittag gut ein halbes Prozent im Minus.

Kontakt zum Autor: olaf.ridder@wsj.com

DJG/rio/jhe

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July 30, 2021 06:56 ET (10:56 GMT)