Frankfurt (Reuters) - Die Hoffnung auf eine Komplettübernahme des Sorgenkindes Siemens Gamesa elektrisiert die Anleger des Energietechnik-Konzerns Siemens Energy.

Insidern zufolge intensiviert das Münchner Dax-Unternehmen seine Überlegungen, wie er die restlichen Anteile an dem spanischen Windturbinen-Hersteller am günstigsten und bilanzschonendsten übernehmen könnte. Erwogen werde unter anderem ein Übernahmeangebot mit eigenen Aktien. Siemens-Energy-Chef Christian Bruch zieht damit die Konsequenzen aus der dritten Gewinnwarnung innerhalb von neun Monaten, mit der die Tochter den Konzern am vergangenen Freitag überrascht hat.

Siemens-Energy-Aktien stiegen am Donnerstag gegen den Trend um bis zu 3,1 Prozent auf 20,01 Euro. Siemens Gamesa schossen in Madrid sogar um sieben Prozent nach oben. Solch eine Transaktion könne die Papiere des spanischen Unternehmens auf kurze Sicht am ehesten steigen lassen, schrieben die Analysten von Citi - und den Weg frei machen für eine Neubewertung von Siemens Energy. Die Konzernstruktur wäre damit klarer und einfacher.

Siemens-Energy-Vorstandschef Bruch fehlt der Durchgriff auf Siemens Gamesa, weil das Unternehmen mit Sitz in Zamudio im Baskenland selbst börsennotiert ist. Er steht unter Druck, eine Lösung zu finden, nachdem Pannen und Rückschläge bei der Windkraft-Tochter kein Ende nehmen. Auch im neuen Geschäftsjahr 2021/22 (per Ende September) rechnet Gamesa mit Verlusten, weil der Hochlauf der neuen Generation von Windturbinen an Land Probleme macht. Wegen Schwierigkeiten in der Lieferkette laufen dem Unternehmen zudem die Kosten davon.

Siemens Energy spiele deshalb mit Beratern Möglichkeiten durch, wie sich die restlichen 33 Prozent der Gamesa-Anteile am besten übernehmen ließen, sagten zwei mit den Plänen vertraute Personen. Eine wichtige Rolle spiele dabei die Sorge, bei einer milliardenteuren Übernahme das Investment-Grade-Rating zu verlieren. Eine Möglichkeit, das Geld zusammenzuhalten und eine Kapitalerhöhung zu vermeiden, wäre, den Aktionären von Siemens Gamesa einen Tausch in Siemens-Energy-Papiere anzubieten, sagten die Insider. Größter Aktionär von Siemens Energy ist die frühere Muttergesellschaft Siemens AG, die ihren Anteil von 35 Prozent über kurz oder lang reduzieren will. Bis zum Sommer könnte eine Lösung gefunden werden, sagte einer der Insider.

Der Kursrutsch bei Siemens Gamesa könnte den Münchnern dabei in die Hände spielen. Damit wären die restlichen Gamesa-Anteile günstiger zu haben als noch im vergangenen Jahr. Siemens-Gamesa-Papiere sind in zwölf Monaten um knapp die Hälfte eingebrochen. Die Analysten der Deutschen Bank sehen eine 50-Prozent-Chance für ein Gebot über 21 Euro je Aktie. Siemens Energy würde die Übernahme damit 4,7 Milliarden Euro kosten.

Siemens Energy, Siemens Gamesa und die Siemens AG wollten sich zu den Informationen nicht äußern.