--Ergebnisbelastung von 2,8 Mrd Euro im dritten Quartal

--Hoher Kursverfall bei Siemens Energy

--Siemens Gamesa und Russland belasten

(NEU: Aktienkurs, Hintergrund, Analysteneinschätzung)

Von Christine Benders-Rüger

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Kursverluste von Siemens Energy kommen den Großaktionär Siemens teuer zu stehen. Probleme bei der spanischen Windkrafttochter Siemens Gamesa und die Auswirkungen der Sanktionen gegen Russland haben den Kurs von Siemens Energy in den vergangenen Wochen stark belastet. Seit Jahresbeginn ist dieser um über 40 Prozent eingebrochen. Die Siemens AG, die einen Anteil von 35 Prozent an Siemens Energy hält, kündigte am Donnerstagabend wegen des gesunkenen Marktwerts eine milliardenschwere Abschreibung auf ihre Beteiligung an. Die Ergebnisbelastung, die ins dritte Geschäftsquartal per Ende Juni fällt, veranschlagte der Münchener DAX-Konzern auf 2,8 Milliarden Euro nach Steuern. Analysten erwarten, dass sich die Wertminderung auf die Jahresprognose von Siemens auswirken wird.

Die Siemens-Aktie gibt am Freitag gegen Mittag 0,3 Prozent ab. Das Papier von Siemens Energy klettert um 2,1 Prozent auf 14,27 Euro, nachdem sich die Aktie am Donnerstag mit 13,99 Euro aus dem Handel verabschiedet hatte.


   Siemens dürfte Rückzug aus Energy beschleunigen 

Laut den Analysten von Jefferies, die den Buchwert der Siemens-Energy-Beteiligung bislang auf 23 bis 25 Euro geschätzt hatten, macht die Abschreibung theoretisch den Weg für Siemens frei, sich von weiteren Teilen an dem Energieunternehmen zu trennen, weil das Management stets betont habe, nicht unter Buchwert zu verkaufen. Allerdings rechnen sie nicht damit, dass ein Verkauf unmittelbar bevorsteht, zumal der Konzern zunächst die Kapitalerhöhung von Siemens Energy abwarten werde, mit der die vollständige Übernahme von Siemens Gamesa finanziert werden soll.

Die nun vermeldete Abschreibung werde die Gewinnprognose von Siemens für das laufende Geschäftsjahr 2021/22 negativ beeinflussen, stellen die Jefferies-Analysten fest. Genaueres werde das Management bei Vorlage der Zahlen zum dritten Geschäftsquartal mitteilen. Von einer "unvermeidlichen" Wertminderung sprechen unterdessen die Analysten von Berenberg.


   Siemens Energy hat mehrere Baustellen 

Die Siemens Energy AG, in der das traditionsreiche Energietechnik-Geschäft von Siemens gebündelt ist, feierte Ende September 2020 ihr Börsendebüt mit einem Einstandskurs von 22,01 Euro. Der Börsengang war eine der größten Konzernabspaltungen, die es in Deutschland bisher gegeben hatte. Das Energiegeschäft besteht zum einen aus der Kraftwerkssparte Gas & Power und zum anderen aus der Beteiligung am spanischen Windkraftanlagenbauer Siemens Gamesa.

Der Mutterkonzern Siemens erhoffte sich von der Abspaltung, nun wieder stärker als Technologiekonzern wahrgenommen zu werden. Siemens Energy hingegen sollte sich durch die Loslösung komplett auf sich selbst fokussieren und sich vom konzerninternen Wettbewerb um Finanzmittel lösen, so Siemens damals. Der Spin-off ging auf die Strategie des ehemaligen Siemens-Chefs Joe Kaeser zurück, der auch bereits die Trennung von der Medizintechnik-Tochter Siemens Healthineers in die Wege geleitet hatte. Er führt den Aufsichtsrat von Siemens Energy.

Doch Siemens Energy hat mit Problemen zu kämpfen, unter anderem wegen der Windkrafttochter Siemens Gamesa. Diese galt eigentlich als Hoffnungsträger, macht aber seit Jahren Verluste. Bei der neuen Windturbinen-Generation 5.X gibt es große Anlaufschwierigkeiten. Zudem laufen Siemens Gamesa die Kosten für Rohstoffe davon, während in den Lieferverträgen mit den Kunden feste Preise vereinbart sind. Siemens Energy hatte deswegen im Mai bei der Vorlage der eigenen Quartalszahlen wegen des "enttäuschenden" Ergebnisses von Gamesa die Prognose gesenkt. Konzernchef Christian Bruch sagte damals, die Ergebnisse von Gamesa seien "zum wiederholten Male" enttäuschend und belasteten Siemens Energy. Um bei Siemens Gamesa besser durchgreifen zu können und um Synergieeffekte heben zu können, kündigte Siemens Energy Ende Mai die Komplettübernahme von Siemens Gamesa an. Zudem soll die Tochter von der Börse genommen werden.


   Russland-Sanktionen drücken 

Die wegen des Kriegs in der Ukraine ergriffenen Sanktionen gegen Russland schmälern überdies das Geschäft der Kraftwerkssparte Gas and Power von Siemens Energy. Nach aktuellem Stand sei nach der Einstellung des Neugeschäfts in Russland mit einem Verlust von Umsatzerlösen in der Größenordnung von 300 bis 400 Millionen Euro zu rechnen, sagte Bruch in einer Telefonpressekonferenz im Mai. Damit verbunden ist nach seinen Worten ein Ausfall beim Ergebnis im hoch zweistelligen bis niedrig dreistelligen Millionen-Euro-Bereich. Bei weiteren Sanktionen seien weitere negative Folgen nicht auszuschließen.

Siemens Energy prüft derzeit, ob das Russland-Geschäft überhaupt fortgeführt wird. Zur Höhe möglicher Abschreibungen, die dann fällig werden könnten, wollte sich Bruch nicht äußern, ebenso nicht zur Frage, bis wann eine Entscheidung hier fällt.

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July 01, 2022 06:09 ET (10:09 GMT)