MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Technologiekonzern Siemens hebt nach einem Gewinnsprung im dritten Quartal erneut die Prognose für das Geschäftsjahr 2020/21 an. Es ist bereits die dritte Erhöhung in diesem Jahr. Dabei profitiert das Unternehmen neben der anhaltenden Erholung der Wirtschaft auch vom Bestellverhalten seiner Kunden: Diese bauen angesichts knapper Bauteile wie Halbleiter sowie langen Lieferzeiten ihre Lagerbestände derzeit auf. Die Aktie gewann am Vormittag bis zu viereinhalb Prozent und führte die Gewinnerliste im Dax an.

Die Highlights seien der erneut angehobene Ausblick, das starke Wachstum und die gute Barmittelentwicklung gewesen, notierte etwa JPMorgan-Analyst Andreas Willi. Das Quartal sei besser als erwartet ausgefallen, lobte auch Goldman-Analystin Daniela Costa. Von den höheren Jahreszielen des Industriekonzerns zeigte sich die Expertin überrascht. Die Münchener hätten die Erwartungen einmal mehr sehr deutlich übertroffen, kommentierte Philip Buller von der Privatbank Berenberg.

"Ich bin sehr stolz, dass Siemens auch in diesem Quartal ein ausgezeichnetes Ergebnis erzielt hat", sagte Vorstandschef Roland Busch am Donnerstag auf einer Telefonkonferenz zu den Zahlen. China sei erneut ein entscheidender Wachstumsmotor gewesen, aber auch Europa und die USA. "Diese vorteilhafte gesamtwirtschaftliche Entwicklung wird sich nach unserer Einschätzung fortsetzen", ist sich Busch sicher. Allerdings werde der Anstieg moderater, "besonders in China".

Angesichts der guten Entwicklung zeigte sich Siemens zuversichtlicher. So sollen die Umsatzerlöse 2020/21 (per Ende September) auf vergleichbarer Basis um 11 bis 12 Prozent zulegen, wie das Unternehmen in München mitteilte. Ausgeklammert sind dabei Währungseffekte sowie Zu- und Verkäufe. Zuvor hatte das Management ein Plus von 9 bis 11 Prozent in Aussicht gestellt. Bei den Sparten Smart Infrastructure und Digital Industries geht Siemens ebenfalls von höheren Erlösen aus als zuvor geplant. Der Gewinn soll ebenfalls stärker steigen - auf 6,1 bis 6,4 Milliarden Euro nach Steuern. Bislang war Siemens von 5,7 bis 6,2 Milliarden Euro ausgegangen.

Im dritten Quartal schnitt Siemens deutlich besser ab als von Analysten erwartet. Dabei profitierte der Konzern von einer robusten Entwicklung bei seiner Medizintechniktochter Siemens Healthineers sowie dem Geschäft mit intelligenter Infrastruktur. Healthineers hatte Ende vergangener Woche nach glänzenden Geschäften seinerseits die Prognose für das Geschäftsjahr angehoben.

Die Umsätze von Siemens nahmen im Quartal um rund ein Viertel auf 16,1 Milliarden Euro zu. Auch der Auftragseingang stieg stark - um 47 Prozent auf 20,5 Milliarden Euro. Das Ergebnis nach Steuern wurde mit 1,5 Milliarden Euro fast verdreifacht. Allerdings hatte Siemens im Vorjahr hohe Belastungen im Zusammenhang mit dem inzwischen abgespaltenen Energiegeschäft Siemens Energy verzeichnet. Zudem profitierte Siemens in diesem Quartal auch von der Auflösung einer Steuerrückstellung.

Im Quartal setzte sich die deutliche Erholung von Schlüsselmärkten wie die Automobilindustrie, der Maschinenbau und die Elektroindustrie sowie Infrastruktur fort. "Ein Teil der großen industriellen Nachfrage resultiert aus einem Aufbau von Lagerstätten und Reserven bei unseren Kunden", erläuterte Busch. Damit federten sie die Risiken ihrer globalen Lieferketten ab. "Das ist übrigens - genau wie bei unseren Kunden - auch für uns eine Herausforderung, etwa bei Halbleitern", so der Manager. Gleichzeitig sehe Siemens höhere Kosten für Rohstoffe, Bauteile und bei der Fracht. Busch geht davon aus, dass dies auch im nächsten Geschäftsjahr anhalten wird.

Der Konzern könne die hohe Nachfrage bedienen. Dabei seien in verschiedenen Bereichen die Fabriken voll ausgelastet. Dies bedeute jedoch auch längere Lieferzeiten. Den Gegenwind steigender Materialkosten habe Siemens bislang durch langfristige Verträge und andere Absicherungsmaßnahmen teilweise ausgleichen können, erklärte Busch. Zudem habe der Konzern Preise erhöht./nas/mis/zb