ERLANGEN (awp international) - Der Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers erhöht nach einem robusten zweiten Quartal seine Prognosen für das laufende Geschäftsjahr erneut. Dabei profitierte das Unternehmen zuletzt von weiter über den Erwartungen liegenden Verkäufen von Antigen-Schnelltests zum Nachweis von Covid-19, die nun auch in den USA zugelassen sind. Zudem zeigten sich auch die anderen Bereiche, wie die Bildgebung, recht robust gegenüber dem derzeit schwierigen wirtschaftlichen Umfeld. Den Kostendruck bekommt jedoch auch Siemens Healthineers zu spüren.

Am Aktienmarkt konnte das zuletzt ziemlich gebeutelte Papier seine Erholung fortsetzen. Die Aktie, die zum Start in den Mai auf ein Elfmonatstief gefallen war, legte gegen Mittag im leicht schwächelnden Dax um 1,2 Prozent zu. Analystin Veronika Dubajova von Goldman Sachs sah sich nach den bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr angehobenen Unternehmenszielen in ihrer Kaufempfehlung bestätigt. Sie sei positiv gestimmt angesichts der fortgesetzt starken Umsatz- und Auftragsentwicklung in der Bildgebungssparte (Imaging) und der erfreulichen Auftragsentwicklung beim übernommenen US-Krebsspezialisten Varian.

Den kurzfristigen Gegenwind für die Margen aufgrund der Inflation der Lieferkosten hat die Expertin von Goldman allerdings auch auf dem Radar. Unter anderem verwies Dubajova auf die inflationsbedingt gesenkte Margenerwartung für die Bildgebung. Daniel Gleim, Analyst beim Investmenthaus Stifel, sieht sich ebenfalls in seiner Kaufempfehlung bestätigt. Zugleich verwies aber auch er darauf, dass es vor allem einer höheren Anzahl von Covid-19-Antigen-Schnelltests zu verdanken gewesen sei, dass der Dax-Konzern die Zahlen des ersten Geschäftsquartals übertroffen und den Ausblick erneut angehoben habe.

So sollen m Geschäftsjahr 2021/22 (per Ende September) die vergleichbaren Umsätze nun um 5,5 bis 7,5 Prozent steigen, wie das Unternehmen am Mittwoch in Erlangen mitteilte. Zuvor war der Philips -Konkurrent von 3 bis 5 Prozent ausgegangen. Ausgeklammert sind dabei Währungseffekte sowie Zu- und Verkäufe von Unternehmensteilen. Dabei rechnet das Management um Bernd Montag nun mit Erlösen aus dem Geschäft mit den Schnelltests von etwa 1,3 Milliarden Euro, rund 600 Millionen mehr als zuvor.

Das dürfte sich auch positiv auf die Ergebnisse niederschlagen: Das bereinigte Ergebnis je Aktie erwartet Healthineers jetzt bei 2,25 bis 2,35 Euro, nach zuletzt 2,18 bis 2,30 Euro. Dabei unterstellt Healthineers, dass die Beschaffungs- und Logistikkosten hoch bleiben und Restriktionen in China im Zusammenhang mit dem Wiederaufflammen der Corona-Pandemie im Laufe des dritten Geschäftsquartals wegfallen.

Das zweite Geschäftsquartal fiel deutlich stärker aus als von Analysten erwartet. Neben dem sprudelnden Geschäft mit den Schnelltests profitierte Healthineers von der Varian-Übernahme. Die Erlöse stiegen um rund 38 Prozent auf knapp 5,5 Milliarden Euro. Varian trug mit 706 Millionen Euro zum Umsatz bei. Auf vergleichbarer Basis lag das Plus bei 15,8 Prozent. Die Umsätze seien im zweiten Quartal nur geringfügig durch Covid-19-Restriktionen in China sowie Störungen in den Lieferketten beeinträchtigt gewesen, hiess es. Dies betraf vor allem das Geschäft mit der Bildgebung, das dennoch die Erlöse steigern konnte.

Finanzvorstand Jochen Schmitz bekräftigte auf einer Telefonkonferenz, dass der Schnelltest-Boom nicht andauern dürfte. So geht er im zweiten Halbjahr von einem starken Rückgang der Nachfrage aus, nachdem Healthineers mit rund einer Milliarde Euro in den ersten sechs Monaten bereits den überwiegenden Teil der Umsatzprognose eingefahren hat. Für das dritte Quartal rechnet er daher mit einem niedrigeren Umsatz der Diagnostiksparte im Vergleich zum starken Vorjahreszeitraum.

Das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) nahm im Konzern um 47 Prozent auf 980 Millionen Euro zu. Negative Währungseffekte sowie die höheren Kosten drückten in der Bildgebung und in der Sparte Advanced Therapies auf die Margen. Für die Bildgebung zeigte sich Healthineers für das Gesamtjahr mit Blick auf die Marge denn auch etwas pessimistischer als zuvor, trotz einer leicht besseren Umsatzprognose. Und auch Advanced Therapies, das das Geschäft mit Präzisionsmedizin umfasst, dürfte eine Marge eher am unteren Ende der Zielspanne erreichen, schätzt Schmitz.

Unter dem Strich verdiente die Siemens -Tochter auch dank einer niedrigeren Steuerquote mit 583 Millionen Euro 30 Prozent mehr./nas/mis/jha/