--Langsame Erholung ab Januar möglich
--Wachstum 2023/24 nur bei rund 4 Prozent
--Softwareaufträge glichen Schwäche der Automatisierung im 3Q aus
(NEU: Aussagen aus der Telefonpressekonferenz, weitere Details, Marktreaktion)
Von Olaf Ridder
FRANKFURT (Dow Jones)--Das wichtige Geschäft mit der Industrieautomatisierung von Siemens wird sich bis mindestens zum Jahresende nicht erholen. Vorstandschef Roland Busch sagte in der Telefonkonferenz zu den Drittquartalszahlen, das laufende Schlussquartal des aktuellen Geschäftsjahres und das erste Quartal des neuen Geschäftsjahres werde weiter schwach ausfallen, auch das zweite Quartal "müsse man sehen". Dann aber rechne Siemens mit einer schrittweisen Verbesserung.
Der Konzern macht zwischen einem Fünftel und einem Viertel seines Umsatzes in diesem Kerngeschäftsfeld in China. Dort ist die Nachfrage besonders schwach und die Lagerbestände sind anhaltend hoch, seit sich Kunden und Distributoren in der Pandemie stark eingedeckt haben. Die Normalisierung der Lagerbestände komme nur langsam voran, sagte Finanzchef Ralf Thomas. In China werde sich dieser Prozess wohl "bis weit in das Geschäftsjahr 2025 hinziehen."
Um das Geschäft profitabel zu halten, steuert Siemens mit allen möglichen Sparmaßnahmen dagegen. Man prüfe jetzt noch einmal, wo man nachschärfen könne, sagte der Finanzchef, schloss aber Stellenabbau im größeren Stil aus. Mittel- und langfristig werde sich das Geschäft aber auf jeden Fall erholen, sagte Vorstandschef Busch. Die strukturellen Trends Digitalisierung und Automatisierung seien intakt.
Im dritten Quartal konnten sieben große Aufträge für Industriesoftwarelizenzen den Umsatzrückgang in der Sparte Digital Industries, zu dem das Automatisierungsgeschäft gehört, weitgehend ausgleichen, der Gewinn stieg sogar leicht. Der Erfolg im Softwaregeschäft werde "sich in diesem Ausmaß in nächster Zeit nicht wiederholen", sagte der Finanzvorstand jedoch.
Aufgefangen wurde das zuletzt maue Wachstum in der Siemens-Vorzeigesparte vom Geschäft mit Netz- und Gebäudeinfrastruktur, wo der Umsatz um 10 Prozent und der Gewinn um 20 Prozent zulegte. Smart Infrastracture habe seit 15 Quartalen einen Lauf mit jeweils steigenden Margen, sagte Thomas. Aktuell spiel Siemens der hohe Elektrifizierungsbedarf, aber auch der Boom in der Künstlichen Intelligenz in die Hände: "Wir erwarten, dass das Geschäft mit Rechenzentren im Geschäftsjahr 2024 um mehr als 50 Prozent beim Auftragseingang und um etwa 30 Prozent bei den Umsatzerlösen wachsen wird."
Das dritte Quartal beendete Siemens mit einem Gewinn im industriellen Geschäft, der in den Monaten April bis Juni dank Zuwächsen in allen Konzernbereichen um 11 Prozent auf 3,0 Milliarden Euro stieg und damit die Konsenserwartung von 2,8 Milliarden Euro übertraf. Der Umsatz stieg vergleichbar um 5 Prozent auf 18,9 Milliarden Euro. Unter dem Strich stand ein Gewinn vor Effekten der Kaufpreisallokation von 2,66 Euro je Aktie verglichen mit 1,78 Euro im Jahr zuvor und einem Analystenkonsens von 2,43 Euro.
Der Auftragseingang blieb mit 19,8 Milliarden Euro um 15 Prozent unter dem Vorjahresniveau, fiel aber höher aus als von Analysten vorhergesagt. Die Bahntechniksparte Mobility hatte im Vorjahr von einigen Großaufträgen profitiert.
Siemens bestätigte die Konzernprognose für das noch bis Ende September laufende Geschäftsjahr, rechnet beim vergleichbaren Umsatzwachstum allerdings nur mit dem Erreichen des unteren Endes der Spanne von 4 bis 8 Prozent. Die Gewinnmarge bei Digital Industries werde ebenfalls am unteren Ende der Spanne von 18 bis 21 Prozent liegen. Smart Infrastructure werde dagegen mit seiner Marge am oberen Ende der Zielspanne von 16 bis 17 Prozent landen.
Die Siemens-Aktie rutschte nach vorbörslichen Gewinnen knapp 1 Prozent ins Minus. "Das ist einfach die Angst, dass sich die Konjunktur weiter abschwächt und auch Siemens da nicht unbeschadet herauskommt", sagte ein Marktteilnehmer.
Mitarbeit: Herbert Rude
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August 08, 2024 04:30 ET (08:30 GMT)