ZAMUDIO (dpa-AFX) - Der neue Chef des Windanlagenbauer Siemens Gamesa will den schwächelnden Konzern wieder zurück in die Spur führen. Zunächst stehe kurzfristig die Stabilisierung im Vordergrund, sagte Andreas Nauen am Donnerstag bei seiner ersten Telefonkonferenz als Konzernlenker. Nauen, zuvor Chef des Offshore-Geschäfts bei Siemens Gamesa, hatte den Posten im Juni von Markus Tacke übernommen. Vor allem beim schwierigen Geschäft mit Windenergieanlagen an Land (Onshore) sieht er großen Handlungsbedarf. An der Börse kam das gut an - die Aktie legte deutlich zu.

So soll im Onshore-Geschäft künftig die Profitabilität Priorität haben anstelle des Volumens. Projektrisiken will das Management senken. Im indischen Markt, in dem Siemens Gamesa zuletzt mit Problemen zu kämpfen hatte, soll die Produktion konsolidiert werden, um auf die gesenkte Nachfrage zu reagieren. Auch in Nordeuropa, ebenfalls derzeit mit Schwierigkeiten behaftet, will Siemens Gamesa Kapazitäten herausnehmen. In Spanien kündigte der Konzern zudem an, die Fabrik in Aoiz zu schließen, um auf den Trend nach größeren Turbinen zu reagieren. Details der Strategie will Nauen auf einem Kapitalmarkttag Ende August vorstellen.

Siemens Gamesa schreibt trotz voller Auftragsbücher derzeit tiefrote Zahlen. Das liegt nicht nur an Auswirkungen der Corona-Pandemie, sondern auch an Problemen im Onshoregeschäft. So schwächen sich die Märkte in Indien und Mexiko stärker ab, als zunächst gedacht. Zudem kämpft Siemens Gamesa weiter mit den Problemen bei Projekten, etwa in Nordeuropa, die höhere Kosten verursachen.

Im dritten Quartal (per Ende Juni) verbuchte das Unternehmen unterm Strich einen Verlust von 466 Millionen Euro, nachdem im Vorjahr noch ein Gewinn von 21 Millionen Euro erzielt worden war. Auch operativ rutschte Siemens Gamesa ins Minus: Der bereinigte Ebit-Verlust betrug 161 Millionen Euro, die entsprechende Marge minus 6,7 Prozent. Die Belastungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise bezifferte Siemens Gamesa für das bereinigte Ebit auf 93 Millionen Euro. Der Umsatz sank um 8,4 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro.

Für das laufende Jahr gab Siemens Gamesa eine neue Prognose aus, nachdem der Konzern im April seinen Ausblick zurückgezogen hatte. So peilt der Konzern einen Umsatz von 9,5 bis 10 Milliarden Euro an, was 1 Milliarde weniger ist als ursprünglich. Operativ dürfte der Windanlagenbauer auch 2019/20 rote Zahlen schreiben: So geht das Unternehmen von einer bereinigte Ebit-Marge von minus drei bis minus einem Prozent aus, dies wären 200 bis 250 Millionen weniger Ergebnis als geplant.

Siemens Gamesa wird künftig ein wichtiger Teil des neuen Konzerns Siemens Energy, den der Technologiekonzern Siemens derzeit schmiedet, und der Ende September an die Börse soll. Siemens bringt dazu seinen Mehrheitsanteil an dem Windanlagenbauer in die neue Gesellschaft ein. Große Auswirkungen auf das operative Geschäft sieht Nauen dadurch nicht. Siemens Gamesa bleibe ein unabhängiges Unternehmen, erklärte er.

Die Aktie startete am Vormittag mit Verlusten. Das Blatt wendete sich jedoch im Handelsverlauf und das Papier sprang an der Börse Madrid nach oben. Aktuell liegt der Kurs knapp sechs Prozent auf 20,05 Euro im Plus. Die Aktie setzte damit ihren jüngsten Höhenflug fort. Seit der Berufung Nauens an die Konzernspitze Mitte Juni ging es um mehr als 40 Prozent nach oben. Im Vergleich zum Corona-Crash-Tief beläuft sich das Plus auf mehr als 80 Prozent. Mit dem inzwischen erreichten Niveau ist sie wieder so teuer wie im Sommer 2017./nas/zb/mis