Von Rochelle Toplensky

LONDON (Dow Jones)--Fossile Energien in der Wirtschaft durch grünen Wasserstoff zu ersetzen ist wie ein Puzzle. Sobald man eine paar erste Teile verbunden hat, ist es viel leichter, die anderen anzulegen. Der Plan eines der weltgrößten Windturbinenhersteller kann dabei helfen.

Siemens Gamesa Renewable Energy will gemeinsam mit seinem kontrollierenden Aktionär Siemens Energy Turbinen bauen, die auch Wasserstoff produzieren können. Es gibt ein Pilotprojekt in Dänemark, Offshore-Projekte sind in Arbeit. Siemens Gamesa hat am Mittwoch dargelegt, wie seine Wind-zu-Wasserstoff-Lösung dazu beitragen kann, Kosten zu senken.

Grüner Wasserstoff ist ein zentraler Baustein, um die CO2-Emissionen bis 2050 auf nahe null zu senken. Mit seiner Hilfe können auch schwer zu elektrifizierende Sektoren wie die Stahlproduktion dekarbonisiert werden. Zudem eignet er sich als Langzeit-Speicher für erneuerbare Energien und macht sie transportierbar, ähnlich wie Öl und Gas heute.


   Produktion noch sehr teuer 

Die große Hürde ist, dass die Herstellung von grünem Wasserstoff mittels Aufspaltung von Wasser in einem von erneuerbaren Energien angetriebenen Elektrolyseur derzeit ein Vielfaches mehr kostet als die Produktion von grauem Wasserstoff, der aus fossilen Brennstoffen hergestellt wird, und blauem Wasserstoff - grauer Wasserstoff, bei dem die Emissionen eingefangen werden. Das Versprechen von Kostengleichheit würde nicht nur Abnehmer von grauem Wasserstoff anlocken, sondern auch industrielle Nutzer fossiler Brennstoffe. Diese sind auf einen langfristigen Planungszeitraum bei den Kosten angewiesen, um ihre Produktionsstätten umzustellen.

Siemens Gamesa erwartet, grünen Wasserstoff bis 2030 onshore zu gleich hohen Kosten wie grauen Wasserstoff herstellen zu können. Offshore soll es noch bis 2035 dauern. Die Produktion nahe der Energiequelle vermeidet Kosten und Energieverluste durch die Übertragung via Kabel. Stattdessen wird Wasserstoff über Pipelines transportiert, die etwa ein Zehntel so teuer sind wie Stromübertragung und besser skalierbar.

Die Technologie wird die Entwicklung abgelegener, windiger Standorte, die im Moment wegen der notwendigen Stromnetzanschlüsse unzugänglich sind, ermöglichen, sagt Poul Skjaerbaek, bei Siemens Gamesa für Innovationen und Produkte zuständig.


   Wasserstoff-Hubs sind in Planung 

Eine weitere Möglichkeit, die Puzzleteile zusammenzulegen, ist ein zentraler Knotenpunkt mit einem großen Elektrolyseur und Lagereinrichtungen nahe einem Industrie-Cluster. Das senkt ebenfalls die Übertragungs- und Distributionskosten und stellt grünen Wasserstoff an einem Ort zur Verfügung, an dem bestehende und potenzielle Kunden ansässig sind. In Europa ist eine Handvoll dieser Hubs in Planung.

Für Kostenparität braucht es aber noch mehr. Saubere Energie ist der größte Kostenpunkt bei der Produktion von grünem Wasserstoff. Es gibt bereits gute Fortschritte dank des massiven Ausbaus erneuerbarer Energien. "Ich glaube, jeder sollte extrem zuversichtlich sein, dass der Preis für erneuerbare Energien schneller fällt als irgendjemand erwartet", sagte Ben Gallagher von der Energieberatungsfirma Wood Mackenzie.

Ein weiteres Puzzleteil ist die Industrialisierung von Elektrolyseuren. Vier große Anlagen wurden dieses Jahr in Europa angekündigt. Der Spezialhersteller NEL sagte jüngst, einige seiner Anlagen sollen ab 2025 grünen Wasserstoff für 1,50 US-Dollar je Kilo produzieren - das sind etwa die gleichen Kosten wie bei grauem Wasserstoff. Ein Netzwerk für Transport, Lagerung und Distribution wird auch benötigt. Ein Konsortium europäischer Infrastrukturfirmen plant ein Wasserstoff-Pipeline-Netzwerk.

Die Menge der Puzzleteile, die zusammenfinden müssen, damit grüner Wasserstoff die Erwartungen erfüllt, erfordert Koordination. Das erklärt, warum es ein hauptsächlich von der Politik getriebener Markt ist. Regierungen, Ziele und Anreizsysteme haben für Schwung gesorgt, insbesondere in Europa und Australasien. Aber innovative Projekte bei Unternehmen wie Siemens Gamesa werden nun gebraucht, um das Potenzial zu entfesseln. Das Bild eines emissionsarmen Energiemarktes kristallisiert sich gerade erst heraus.

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June 10, 2021 08:23 ET (12:23 GMT)