Unter der Führung von Konzernchef Wael Sawan, der kürzlich im Amt bestätigt wurde, setzt Shell künftig voll auf Flüssigerdgas (LNG) – mit dem erklärten Ziel, zum weltweiten Marktführer aufzusteigen.

Lediglich ein Fünftel der Aktionäre äußerte verhaltene Kritik, die sich im Wesentlichen auf Forderungen nach mehr Transparenz und detaillierteren Informationen beschränkte. Die überwältigende Mehrheit von 80 % unterstützte Sawans Strategie ohne Einschränkungen.

Sawan betont zu Recht: Erdgas – die am schnellsten wachsende Energiequelle weltweit – ist das zentrale Bindeglied der globalen Energiewende. Nicht Wind oder Sonne, nicht Kernkraft, sondern Gas ersetzt derzeit im großen Stil die Kohle – insbesondere in den USA, wo diese Entwicklung besonders ausgeprägt ist.

Shell setzt darauf, dass sich dieses Szenario in Asien fortschreibt. Dort wird die Nachfrage nach LNG bis 2040 voraussichtlich um 60 % steigen – ein erwartbarer Trend, wenn man bedenkt, dass China bis 2027 weiterhin neue Kohlekraftwerke bauen will.

Noch vor zwei Jahren genehmigte Peking neue Kohlekraftwerke mit einer Geschwindigkeit von zwei Anlagen pro Woche.

Die europäischen Öl- und Gaskonzerne haben damit endgültig mit den Illusionen einer vollständigen und schnellen grünen Transformation abgeschlossen. Shell steht seit einiger Zeit offen zu dieser Neujustierung. Der norwegische Rivale Equinor (vormals Statoil) hingegen betrieb lange symbolisches „Greenwashing“, ohne dabei die eigenen wirtschaftlichen Interessen aus den Augen zu verlieren.

Siehe dazu auch Shell: Strategische Kehrtwende

Am zögerlichsten war bislang BP. Doch unter dem Druck der berüchtigten Aktivisten von Elliott hat auch die britische Gesellschaft begonnen, ihre strategische Ausrichtung zurück auf fossile Energieträger zu lenken – nachdem Investitionen in den Bereich der Erneuerbaren für hohe Verluste gesorgt hatten (siehe auch BP: Hoffnungsschimmer).

Angesichts hartnäckiger Gerüchte über eine mögliche Fusion zwischen Shell und BP ließ Sawan Anfang des Monats verlauten, dass sein Unternehmen lieber eigene Aktien zurückkaufe, als über eine Übernahme des Rivalen nachzudenken.

Die Analysten von MarketScreener vermuten hinter dieser scharfen Aussage eher ein taktisches Manöver – ein Bluff, um einer möglichen Kursexplosion bei BP zuvorzukommen, sollte sich das Fusionsgerücht bewahrheiten.