Zürich (awp) - Am aktuellen geldpolitischen Kurs der Schweizerischen Nationalbank (SNB) wird sich vorerst nichts ändern. Trotz des schwächeren Frankens sei die Währung im Vergleich zum Euro nach wie vor hoch bewertet, sagte SNB-Vizepräsident Fritz Zurbrügg gegenüber der Zeitung "Schweiz am Wochenende".

Die SNB sehe aber einen klaren Trend, dass sich der Schweizer Franken in den letzten Wochen und Monaten abgeschwächt habe. Dies sei vor allem auf die verbesserte Wirtschaftliche Lage in der Eurozone zurückzuführen. Und kurzfristig sei Zurbrügg weiterhin positiv für den Währungsraum gestimmt.

Aber mittelfristig bestünden Risiken. Zurbrügg spricht in erster Linie die Staatsschulden an. Denn hohe Schulden würden sich auf das künftige Wachstum in der Eurozone auswirken. Darum sollten die Euro-Staaten nach Ansicht des SNB-Vize die guten Zeiten jetzt nutzen, um notwenige Strukturreformen durchzusetzen.

"Fundamental betrachtet bleibt der Schweizer Franken ein starke Währung", betont Zurbrügg. Der Franken sei momentan einfach weniger nachgefragt. Aber die Situation bleibe fragil und könne sich rasch ändern; und dann könnte der Franken schnell wieder erstarken, erklärt der Notenbanker.

KEIN DRUCK FÜR BILANZABBAU

Die SNB sieht "weder zeitlichen noch anderen Druck", ihre seit den Deviseninterventionen rekordhohe Bilanz abzubauen. "Wir werden die Bilanz dann wieder abbauen, wenn dies geldpolitisch angezeigt ist", erklärt Zurbrügg.

Überhaupt dürfe die Bilanzgrösse an sich nicht zum Hauptkriterium der Geldpolitik werden. Denn ein Abbau der Bilanz würde bedeuten, Wertschriften zu verkaufen und Franken zurückzukaufen. Dadurch werde aber der Frankenkurs beeinflusst.

VOLLGELDSYSTEM WÄRE EIN RADIKALER UMBAU

Zurbrügg warnt wenige Wochen vor der Abstimmung über die Vollgeld-Initiative vor deren Annahme. Ein Vollgeldsystem hingegen ein radikaler Umbau, und die Schweiz würde "absolutes Neuland" betreten. Kein anderes Land weltweit habe ein solches System und die Unsicherheit wäre enorm.

Schwächen im Schweizer Finanzsystem gebe es zwar sehr wohl. Doch diese sei man in der Schweiz und international mit geeigneten Instrumenten angegangen. Geeigneteren als dem Übergang zum Vollgeld. Denn übertriebene Preiserwartungen oder die Unterschätzung von Risiken können laut Zurbrügg auch in einem Vollgeldsystem stattfinden.

IMMOBILIENMARKT BEREITET BAUCHWEH

Der Blick auf den Immobilienmarkt bereitet der SNB derzeit etwas Bauchweh. Schuld daran sei ein Mix aus verschiedenen Trends: Die relativ stark gestiegen Preise und die rege Bautätigkeit vor allem bei den Mietwohnungen; gleichzeitig stiegen die Leerstände an, was auf ein Überangebot deute. Diese Trends erhöhten das Risiko einer substanziellen Preiskorrektur.

Daher beobachte die SNB die Entwicklung sehr intensiv. "Viele Beobachter sind sich einig, dass bei den Wohnrenditeliegenschaften Gefahren bestehen", erklärt Zurbrügg. Ob der Schweiz im Immobilienmarkt eine sanfte Landung gelingen werde, könne er aber nicht voraussagen.

kw/ra