London (awp/sda/reu) - Die britische Notenbank senkt angesichts der Coronavirus-Epidemie ihren Leitzins auf ein Rekordtief. Er werde von 0,75 auf 0,25 Prozent zurückgenommen, teilte die Bank of England (BoE) am Mittwoch zu ihrem überraschenden Schritt mit.

Das war die erste Senkung seit August 2016, als der Zins nach dem Brexit-Referendum ebenfalls auf 0,25 Prozent gesenkt wurde. "Obwohl das Ausmass des wirtschaftlichen Schocks von Covid-19 höchst ungewiss ist, wird sich die Aktivität in Grossbritannien in den kommenden Monaten wahrscheinlich erheblich abschwächen", betonte die BoE.

Die Notenbank erklärte zugleich ihre Bereitschaft, bei Bedarf noch nachzulegen. Auch wolle man sich mit dem Finanzministerium und anderen Zentralbanken absprechen.

Das britische Pfund geriet nach der Ankündigung unter Druck: Der Kurs fiel auf 1,2847 Dollar, nachdem zuvor bei 1,2936 gelegen hatten. Durch niedrigere Zinsen wird eine Währung für Anleger unattraktiver. Gleichzeitig können damit Konsum und Investitionen angeregt werden.

"Geldpolitik kann nur bedingt helfen"

Die Bank of England kündigte zugleich ein Massnahmepaket wegen der Coronavirus-Krise an. So soll kleineren Unternehmen in den kommenden zwölf Monaten ein günstiges Finanzierungsinstrument bereitgestellt werden. "Diese Massnahmen werden dazu beitragen, Unternehmen und Menschen in Arbeit zu halten und zu verhindern, dass eine vorübergehende Unterbrechung länger andauernden wirtschaftlichen Schaden verursacht", hiess es zur Begründung.

Zudem senkte sie den sogenannten inländischen antizyklischen Kapitalpuffer (CCyB) für Banken auf null Prozent von 1,0 Prozent. Dieser Puffer soll dafür sorgen, dass Banken in wirtschaftlich guten Zeiten zusätzliches Kapital zurücklegen, um beispielsweise ihre Widerstandskraft bei einem Konjunkturabschwung zu erhöhen.

Andere Zentralbanken lockern auch

Zuvor hatten bereits andere Zentralbanken ihre Geldpolitik gelockert, darunter die US-Notenbank Fed und die kanadischen Währungshüter. Die Europäische Zentralbank (EZB) entscheidet am Donnerstag über ihren Kurs. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat ihre geldpolitische Lagebeurteilung für nächste Woche angesetzt.

"Die Notenbanken springen jetzt zur Hilfe bei. Das ist gut so, zeigt es doch Handlungsbereitschaft", sagte der Chefökonom der VP Bank, Thomas Gitzel. Allerdings könne derzeit die Geldpolitik nur bedingt helfen. Unternehmen bräuchten Zugang zu frischem Geld. "Dies muss von den Staaten kommen", sagte Gitzel. "In Europa gibt es hier ein relativ dichtes Netz von staatlichen Förderbanken."

Die EU hat bereits einen Hilfsfonds über 25 Milliarden Euro gegen die Coronavirus-Krise angekündigt. Das Geld soll in anfällige Wirtschaftsbranchen fliessen, um die konjunkturellen Folgen der Epidemie abzumildern.

Dies teilte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstagabend nach einer Videokonferenz mit den Staats- und Regierungschefs, EU-Ratspräsident Charles Michel und EZB-Chefin Christine Lagarde mit. Bundeskanzlerin Angela Merkel will sich auf einer kurzfristig einberaumten Medienkonferenz um 11.30 Uhr gemeinsam mit Gesundheitsminister Jens Spahn zur Lage äussern.