(neu: Aktienkurs, Analysten und mehr Details)

FRANKFURT (dpa-AFX Broker) - Die überraschende Ankündigung einer Kapitalerhöhung bei Schaeffler hat am Donnerstag die Aktie des Automobil- und Industriezulieferers schwer unter Druck gebracht. Sie brach im schwachen Gesamtmarkt zur Mittagszeit um 7,8 Prozent auf 5,945 Euro ein und fiel damit auf den tiefsten Stand seit Mitte Mai. Im bisherigen Jahresverlauf hat sie damit bislang 38 Prozent eingebüßt und zählt damit zu den schwächsten Werten im SDax. Nur sechs der insgesamt 70 SDax-Titel haben seit Jahresbeginn noch mehr verloren.

Wie Schaeffler am Morgen mitteilte, will sich das Unternehmen über eine Kapitalerhöhung frisches Geld beschaffen. Daher wird eine außerordentliche Online-Hauptversammlung im September einberufen. Dann soll über die Schaffung genehmigten Kapitals für bis zu 200 Millionen neue Aktien abgestimmt werden.

"Ähnlich wie bereits RWE nutzen deutsche Industriekonzerne derzeit die Spendierfreudigkeit institutioneller Investoren, und die ist durch das sehr niedrige Renditeniveau gegeben", kommentierte Marktexperte Andreas Lipkow von der Comdirect Bank. Kapitalerhöhungen gäben Interessenten die Möglichkeit, mittels Abschlägen in Unternehmen einzusteigen und sie böten umgekehrt den Unternehmen ein gutes Finanzierungsumfeld. "Eine klassische Win-Win-Situation", so Lipkow. Er rechnet im Fall der Genehmigung durch die Aktionärsversammlung mit einer ähnlich raschen Platzierung wie bei RWE.

Dass die Schaeffler-Aktie dennoch so kräftig verliert, wurde am Markt nicht nur mit der Verwässerung für die Altaktionäre und der an diesem Tag allgemein schwachen Autobranche begründet. Analyst Marc-René Tonn von Warburg Research verwies auf zahlreiche große Unsicherheiten. So habe einerseits der Finanzchef gewechselt und andererseits habe Schaeffler nicht präzise umrissen, wofür genau die Mittel eingesetzt werden sollen. Sollte womöglich ein Zukauf anvisiert werden, könnte es dann auch noch teuer werden. "Denn wenn Schaeffler sich verstärkt, dürfte es im Zukunftsbereich Elektromobilität sein, und da sind die Bewertungen derzeit recht hoch", sagte Tonn. "Hinzu kommt, dass Schaeffler Vorzugsaktien ausgeben will. Die sind folglich nicht stimmberechtigt, und das mögen viele Investoren auch nicht sonderlich."

Analyst Frank Schwope von der NordLB erwartet, dass Schaeffler das frische Kapital für den Konzernumbau nutzen dürfte, in dem sich das Unternehmen gerade befindet - zumal die Corona-Krise die Lage beim Autozulieferer verschärft hat. Vorstellen kann er sich zudem vor allem Investitionen in neue Technologien und möglicherweise kleinere Zukäufe. "Mit großen Akquisitionen in diesem Umfeld rechne ich bei Schaeffler nach deren Erfahrung mit Conti nicht."/ck/bek/jha/

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