Berlin (Reuters) - Der Softwareriese SAP enttäuscht zum Jahresstart.

Zwar schraubte der Walldorfer Dax-Konzern seine Umsätze dank der gestiegenen Nachfrage nach seinem Cloud-Angebot nach oben, jedoch schrumpfte das Betriebsergebnis wegen höherer Ausgaben im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg, Investitionen in Forschung und Entwicklung und das Marketing. Konkret gab das Betriebsergebnis (Non-IFRS) von Januar bis März währungsbereinigt um sieben Prozent auf knapp 1,68 Milliarden Euro nach, wie SAP am Freitag mitteilte. Das lag unter den Erwartungen von Analysten. Die am Aktienmarkt vielbeachtete operative Marge (Non-IFRS) sackte nach einem starken Vorjahresquartal deutlich auf 23,7 Prozent ab.

Anleger reagierten verschnupft. Das Papier gab in der Spitze um 4,5 Prozent auf 95,11 Euro nach und markierte damit den tiefsten Wert seit Anfang März. Die operative Marge liege deutlich unter den bereits vorsichtigen Erwartungen, sagte ein Händler. UBS-Analyst Michael Briest merkte an, dass es Investoren weiterhin unklar ist, wie SAP in lediglich drei Jahren die Cloud-Bruttomarge von derzeit 70 Prozent auf 80 Prozent hochschrauben will. Seit Jahresbeginn hat die SAP-Aktie rund 20 Prozent verloren, während der Leitindex Dax lediglich knapp neun Prozent einbüßte.

Dabei lief das Geschäft mit den rund 400.000 Firmenkunden trotz des Ukraine-Kriegs rund. Der Umsatz kletterte währungsbereinigt um sieben Prozent auf knapp 7,08 Milliarden Euro und übertraf damit die Erwartungen der Analysten. Die Clouderlöse legten sogar währungsbereinigt um ein Viertel auf 2,82 Milliarden Euro zu. SAP will sich zu einem reinen Cloud-Anbieter wandeln, der statt Lizenzprodukten gemietete Anwendungen im Web verkauft - das erleichtert Updates und macht Umsätze planbarer. Der sogenannte Cloud Backlog - eine Art Auftragsbestand für die nächsten zwölf Monate - stieg währungsbereinigt um 23 Prozent auf 9,73 Milliarden Euro. Das sei solide, sagte Briest. Allerdings sehe es danach aus, als würde sich das Geschäft mit Ausnahme der US-Tochter Qualtrics und des Flaggschiffprodukts S/4 Hana verlangsamen.

"Wir hatten einen soliden Start in das Jahr und unser Ausblick bleibt unverändert", sagte der scheidende Finanzchef Luka Mucic, der dem Konzern nach 27 Jahren spätestens im März 2023 den Rücken kehren wird. Im Gesamtjahr - dem Jahr des 50-jährigen Firmenjubiläums - will SAP weiterhin auf ein währungsbereinigtes Betriebsergebnis zwischen 7,8 und 8,25 Milliarden Euro kommen (2021: 8,23 Milliarden Euro) und die Clouderlöse währungsbereinigt um 23 bis 26 Prozent auf 11,55 bis 11,85 Milliarden Euro erhöhen.

UKRAINE-KRIEG BELASTET

Erst diese Woche hat SAP nach längerem Zögern bekanntgegeben, sich wegen der Invasion der Ukraine komplett aus Russland zurückzuziehen und letztlich auch das Lizenzgeschäft mit Bestandskunden aufzugeben. Die Auswirkungen spüren die Walldorfer auch in ihrer Bilanz. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet der Oracle-Konkurrent beim Umsatz Belastungen in Höhe von rund 300 Millionen Euro durch fehlendes Neugeschäft und die Beendigung bestehender Aufträge sowie beim Betriebsergebnis von rund 350 Millionen Euro.

Zudem bekam SAP den Gegenwind an den Finanzmärkten zu spüren. Der Finanzinvestor Sapphire Ventures, der in der Vergangenheit den Nettogewinn regelmäßig aufpäppelte, sorgte im ersten Quartal für einen Einbruch. Wegen eines deutlich geringeren Sapphire-Beitrags als im Vorjahr sank der Gewinn um 32 Prozent auf 1,17 Milliarden Euro. "Wir bleiben Sapphire verpflichtet", sagte Mucic über die Venture-Capital-Firma, die unter anderem an dem Berliner Software-Startup Contentful beteiligt ist. SAP ist nach eigenen Worten maßgeblich an dem Risikokapitalgeber beteiligt, der seit 2011 eigenständig unterwegs ist.

SAP WILL SICH AUF DAS KERNGESCHÄFT KONZENTRIEREN

Um am Ausblick festhalten zu können, setzt Mucic auch auf Einnahmen aus Verkäufen. Es gehe um eine Bereinigung des Portfolios, um sich besser auf Wachstumstreiber konzentrieren zu können und Überlappungen zu beseitigen, sagte der Finanzchef. Der Prozess sei vergleichbar mit dem Verkauf des Softwaregeschäfts Digital Interconnect (SDI) an das schwedische Unternehmen Sinch 2020. Damals bekam SAP 225 Millionen Euro. Laut Mucic könne diesmal mit einem Kaufpreis im niedrigen dreistelligen Millionenbetrag gerechnet werden, aber "es ist noch nichts entschieden".

(Bericht von Nadine Schimroszik, Mitarbeit Daniela Pegna, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)