(neu: Kurs aktualisiert, weitere Analystenstimmen.)

WALLDORF (dpa-AFX) - Europas größter Softwarehersteller SAP wird nach einem unerwartet robusten zweiten Quartal für das Gesamtjahr etwas optimistischer. Das Geschäft mit Software zur Nutzung über das Netz (Cloud) zog erneut kräftig an, und mit den herkömmlichen Softwarelizenzen ging es nicht ganz so stark bergab wie von Experten gedacht. An der Börse herrschte am Mittwoch dennoch eher Ernüchterung vor - die Aktie fiel deutlich.

Vorbörslich war das Papier noch gestiegen und schien den Erholungskurs der vergangenen Wochen wieder aufzunehmen. Erst Anfang Juli hatte der Kurs mit rund 125 Euro wieder das Niveau erreicht, das er vor dem starken Absturz im Oktober hatte, als Vorstandschef Christian Klein den schnelleren, aber auch teureren Schwenk hin zur Cloudsoftware angekündigt hatte. Am Nachmittag verlor die SAP-Aktie jedoch 3,7 Prozent auf 116,94 Euro.

Analysten und Händler lobten zwar das zweite Quartal als insgesamt solide. SAP kämen die Investitionen der Kunden im IT-Bereich und der sich fortsetzende Trend zur Digitalisierung zugute, sagte etwa ein Händler. Die vorgelegten Zahlen deuteten auf einen weiterhin erfolgreichen Übergang zum Cloudgeschäft hin, konstatierte zudem Jefferies-Analyst Julian Serafini.

Verschiedene Experten waren aber auch nicht vollends zufrieden. Barclays-Analyst James Goodman etwa sagte, dass die Erwartungen an das Cloud-Geschäft vor der Bekanntgabe der Zahlen bereits gestiegen seien. Die letztlich aber nur marginal angehobene Prognose für diesen Geschäftsbereich sorge daher für lange Gesichter. SocGen-Experte Richard Nguyen fügte hinzu, dass sich die Erwartungen der Analysten längst am oberen Ende des von SAP aktualisierten Ausblicks befänden.

Nach einem ordentlichen Lauf in den ersten sechs Monaten stehen weitere Investitionen in die Technik und die Produkte an, weswegen das Management um Klein und Finanzchef Luka Mucic die Ergebnisprognose nur wohldosiert anhob. Für das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) geht SAP in diesem Jahr jetzt von einem währungsbereinigten Rückgang um bis zu vier Prozent aus - im besten Fall dürfte es stagnieren. Bisher rechnete das Unternehmen mit einem Rückgang von einem bis sechs Prozent. Währungseffekte dürften nach wie vor noch belasten.

Auch bei den Erlösen aus der Cloud und mit den Produkten insgesamt ist das Dax-Schwergewicht etwas besser gestimmt. Die Cloudsoftware dürfte währungsbereinigt um 15 bis 18 Prozent zulegen statt wie bisher prognostiziert um 14 bis 18 Prozent. Weil zudem die Lizenzen besser abschneiden als befürchtet, dürfte es bei dem gesamten Produktumsatz jetzt ein Wachstum von 2 bis 3 Prozent geben - ein Prozentpunkt mehr als bisher veranschlagt.

Im zweiten Quartal lag der Gesamtumsatz mit 6,7 Milliarden Euro ein Prozent unter dem Vorjahreswert. Das bereinigte operative Ergebnis schnitt mit einem Rückgang um zwei Prozent auf 1,92 Milliarden Euro etwas besser ab als von Analysten gedacht. Ohne Wechselkurseinwirkung hätten sowohl Umsatz und operatives Ergebnis um drei Prozent zugelegt.

Ende des zweiten Quartals rechnete sich der Konzern für die kommenden zwölf Monate aus bestehenden Cloudverträgen Umsätze in Höhe von knapp 7,8 Milliarden Euro aus, besonders stark wuchsen die Buchungen für die Kernsoftware S4 Hana zur Unternehmenssteuerung. Klein verwies auf ein starkes Wachstum bei Verträgen des neuen Cloudangebots "Rise with SAP" vor allem in den USA.

Der 41-jährige SAP-Chef hatte im vergangenen Herbst eine nochmals härtere Gangart beim Umstieg auf Cloudsoftware eingeschlagen und das neue Produktbündel im Januar eingeführt, um die Kunden zum schnelleren Umstieg zu bewegen. Investitionen in Marketing und die technische Grundlage werden in diesem Jahr und auch noch 2022 die Ergebnisse und die von Anlegern viel beachtete operative Marge belasten. Sie gibt an, wie profitabel SAP insgesamt arbeitet. Im zweiten Quartal fiel sie allerdings mit 28,8 Prozent spürbar höher aus als von Analysten erwartet.

Sorgen macht weiter die US-Cloudtochter Concur. Der Spezialist für Reisekostenabwicklung leidet wegen der Corona-Pandemie unter dem niedrigen Niveau an Geschäftsreisen. Wird der Service nur wenig von den Firmenkunden genutzt, nimmt SAP mit dem Angebot kaum Geld ein. Klein setzt zwar auf einen Aufschwung - eine komplette Erholung sei in diesem Jahr von Concur aber nicht mehr zu erwarten, sagte er. Das brauche Zeit.

Unter dem Strich verliefen die Geschäfte für den Konzern erfreulich. So verdiente SAP 1,45 Milliarden Euro und damit fast zwei Drittel mehr als ein Jahr zuvor. Maßgeblichen Anteil hatten daran hatten erneut die Beteiligungen von SAP an Start-ups über das Risikokapitalvehikel Sapphire Ventures, das laut Finanzchef Mucic allein im zweiten Quartal 900 Millionen Euro zum Finanzergebnis beitrug./men/tav/stk