Von Hans-Joachim Koch

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Start in den neuen Job als SAP-Finanzvorstand ist für Dominik Asam gleich mit einem richtungsweisenden Meilenstein verbunden. Im ersten Halbjahr will der Softwarekonzern seine aktualisierte Mittelfristprognose 2025 präsentieren. Die ursprüngliche stammt von 2020, als SAP den Strategiewechsel hin zu mit voller Kraft in die Cloud verkündet hatte.

Seitdem haben sich die Parameter spürbar verschoben. Am frischesten ist der am Montag verkündete Verkauf der Qualtrics-Beteiligung, der brutto 7,7 Milliarden US-Dollar in die Kassen spült und im zweiten Halbjahr vollzogen sein soll. Bereits das Erstquartalsergebnis im April wird "SAP pur" zeigen, also ex Qualtrics, die zum nicht fortgeführten Geschäft mutiert. Weitere Parameter für die Anpassung neben Qualtrics sind, so Asam, die Wechselkurse, die sich jetzt günstiger als vor drei Jahren darstellten.


Übergangsphase im Top-Management eher ungewöhnlich 

Das Update wird ein Joint Venture sein, denn Asam und der scheidende CFO Luka Mucic haben bis Ende März gut drei gemeinsame Wochen. Eine solche Übergabephase ist in der Wirtschaft eher ungewöhnlich. Auch Asam hat sie bei seinen vorherigen Positionen als Finanzchef bei Infineon (acht Jahre) und zuletzt Airbus (vier Jahre) nicht erlebt.

Von dem seit 2014 amtierenden Mucic fließt natürlich noch viel Wissen ein. Und natürlich sind die neuen Ziele auch ein Werk des gesamten Vorstands mit CEO Christian Klein an der Spitze. Mucic betont die inzwischen starke Berechenbarkeit des Geschäfts durch die Cloud. Die Nutzung auf Abo-Basis sorge für stetige Einnahmen aus den zumeist längerlaufenden Verträgen statt eines hohen Einmalpreises für Software auf Kundensystemen (on premise).


Treffsichere Ambitionen 

Ein großes Lob gab es von Asam für die "hohe Treffsicherheit" der bisherigen Guidance - trotz massiver, eben nicht planbarer Einflussfaktoren wie Corona, Ukraine-Krieg und auch die Teuerung. Einen neuen auf fünf Jahre angelegten Plan sollten Investoren indes nicht erwarten. "Ich habe kein Bedürfnis, über 2025 hinaus zu gehen", sagte Asam gerade mit Verweis auf die Preisentwicklung. Denn wo der Ertrag in fünf Jahren stehe, sei auch abhängig von den Inflationszahlen.

In seiner Finanzmarktkommunikation will Asam die Potenziale von SAP herausstellen, denn: "Davon gibt es viele." Für ihn steht SAP an einer entscheidenden Stelle der digitalen Transformation. Das sei ein Trend, der nicht abbricht, sagt der technik-affine Manager, der schon als Schüler ein selbstgeschriebenes Programm für 200 D-Mark an eine Computerzeitschrift verkaufte.


Tal der Tränen ist überwunden 

Die Fokussierung auf die Cloud war für SAP mit einem "Tal der Tränen" verbunden, so Mucic mit Blick auf die hohen Investitionen in die Cloud-Infrastruktur und deren Vereinheitlichung in den zurückliegenden Jahren. Das sei jetzt durchschritten. Aus seiner Sicht bieten sich für den Konzern auch über die Mittelfristplanung hinaus große Chancen. Für 2025 bis 2030 erwartet er den Trend der Nachzügler in die Cloud gerade bei Bestandskunden. Dazu kämen natürlich die Neukunden, was beides die Basis für weiteres Wachstum sei.

Überrascht zeigt sich Mucic im übrigen über die Resilienz des Wartungsgeschäfts für die fest bei Kunden installierte Software, das noch immer besser als erwartet laufe. Der einst dominante Verkauf von Softwarelizenzen bröckelt dagegen seit geraumer Zeit ab.


Mit SAP-Kundenerfahrung in SAP-Vorstand 

Eine Besonderheit für Asam ist, dass er als Finanzvorstand jetzt inmitten des Kernprodukts seines Arbeitgebers stehe - ERP-Systeme zur Unternehmenssteuerung. Das sei der große Unterschied zu Airbus und Infineon. Nichts geändert hat sich dagegen, wie er betont, dass er weiter für einen Weltmarktführer arbeite und im B2B-Geschäft bleibe.

Und er bringt von beiden früheren Arbeitgebern SAP-Kenntnisse mit zu SAP - als Kunde, auch wenn dort die Walldorfer nicht alleiniger Softwarelieferant waren. Denn aus Kundensicht solle man "?nicht zuviele Eier in einem Korb haben". Seine CFO-Erfahrung wird er auch als Vertriebler einbringen. Denn analog zu Mucic wird auch er als sogenannter Board Sponsor wichtige Kunden bei Finanzlösungen betreuen.


   Rentenjob 

Eine klare Ansage macht Asam zur Dauer seines SAP-Engagements: "?Ich gehe davon aus, dass ich von dieser Position aus in Rente gehe." Er hätte auch bei Airbus bleiben können. Aber solche Gelegenheiten wie SAP gebe es nur einmal im Leben. Er sei jetzt 54 Jahre alt.

Offen ist weiterhin, wohin Luka Mucic' Weg führt - nach der Weltreise mit seiner Tochter. Eventuell in ein anderes Land und/oder eine andere Branche, denn in Deutschland gebe es für ihn in der Softwarebranche "keine Opportunitäten". Sicher in jedem Fall aber als Geschäftsführer.

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/smh/kla

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March 16, 2023 02:00 ET (06:00 GMT)