Von Hans-Joachim Koch

FRANKFURT (Dow Jones)--Es ist ein wiederkehrendes Element in den Quartalsberichten von SAP: Der stattliche Gewinnbeitrag der Beteiligungstochter Sapphire Ventures. Im zweiten Quartal waren es rund 900 Millionen Euro, im Halbjahr 1,3 Milliarden, wie Finanzvorstand Luka Mucic betont.

"Sapphire Ventures bzw ein signifikantes Venture-Capital-Engagement war und ist aus mehreren Gründen eine sehr gute Entscheidung, nicht nur finanziell", sagte er im Interview mit Dow Jones Newswires. Wichtig sei, dass "wir darüber ein sehr gutes Sensorsystem entwickeln, um abzusehen, welche zukünftigen Trends sich entwickeln und welche zukünftigen Wachstumsunternehmen sich in unserer Branche oder in verwandten Bereichen beginnen zu etablieren".


   Große Dichte an Börsengängen und Verkäufen 

Der finanzielle Schub von Sapphire Ventures, vor zehn Jahren gegründet und im Silicon Valley ansässig, kam zuletzt von einer Reihe IPOs und Exits. An die Börse kamen in den USA Monday.com (aktuell rund 9 Milliarden Dollar Marktwert), 23andMe Holding Co (860 Millionen Dollar) und in London das Fintech Wise plc (knapp 10 Milliarden Pfund).

Hinzu kamen Verkäufe von Convercent und Integral Ad Science sowie weitere Zuflüsse aus dem Verkauf von Auth0 an Okta. "Diese Transaktionen sind geballt in einem Quartal zusammengekommen", betont Mucic. Zugleich dämpft er übergroße Hoffnungen: "Man kann nicht davon ausgehen, dass sich das jedes Quartal in dieser Dichte wiederholt."


   Gewinnbeiträge weitgehend steuerbefreit 

Die Gewinnbeiträge sind als Einkünfte aus Venture Capital (VC) zum Großteil steuerbefreit, erläutert der SAP-CFO. Bezogen auf den Nettogewinn (Non-IFRS) waren es im Quartal etwa 40 Prozent und im Halbjahr rund ein Drittel, zum Betriebsergebnis liegen die Quoten noch höher mit 47 bzw 36 Prozent. Mucic will dies jedoch nicht überbewerten, denn "die wichtigste Quelle für unser gutes Nettoergebnis bleibt unser großes und starkes operatives Geschäft".

Auch die Aktionäre profitieren von Sapphire Ventures. Denn die Dividende basiert auf dem IFRS-Ergebnis nach Steuern, in das das Finanzergebnis einfließt. Und das wird spürbar von Sapphire Ventures beflügelt. 2020 lagen die dafür relevanten sogenannten Zeitwertanpassungen bei netto rund 1 Milliarde Euro. Die im Mai ausgezahlte Dividende stieg, auch wegen des überraschend stark laufenden SAP-"Normalgeschäfts" 2020 und den Erlösen aus dem Qualtrics-Börsengang deutlich auf 1,85 (für 2019: 1,58) Euro je Aktie.


   Schulterklopfen für Kaufpreis-Faktor von Qualtrics 

Über den Erfolg der Qualtrics-Übernahme im Januar 2019, auch wenn sie außerhalb von Sapphire Ventures erfolgte, freut sich Mucic weiterhin und sieht die Akquisitionsstrategie bestätigt. "Wir haben viel Prügel für die angeblich so überteuerte Transaktion einstecken müssen - und schauen Sie sich jetzt mal den Aktienkurs an." 8 Milliarden Dollar hatte der US-Softwarespezialist gekostet, das war "damals ein 15-faches Multiple auf den Umsatz" und sei "als unsittlich hoch erachtet" worden. "Mittlerweile klopft man Ihnen für dieses Multiple bei Wachstumsunternehmen auf die Schulter", so Mucic.

An der Nasdaq wird die SAP-Tochter aktuell mit knapp 20 Milliarden Dollar bewertet. In der Spitze Anfang Februar war es sogar etwa die Hälfte mehr. SAP hat damit innerhalb wie außerhalb von Sapphire Ventures von der Wertsteigerung im Technologiesektor profitiert.

Damit kontinuierlich Schub über das Venture Capital kommt, stellt SAP weitere 1,75 Milliarden Dollar bereit für einen weiteren Venture Funds. Diese Mittel sollen über die Jahre nach und nach abgerufen und investiert werden. Sapphire Ventures sei in diesem Jahr an einem Punkt, hebt Mucic hervor, "dass es nicht mehr Cashflow bei uns abruft als es uns durch erfolgreiche Exits zurückgibt".

Das Portfolio ist nach den Worten des Finanzvorstands zu drei Viertel auf die USA ausgerichtet und zu einem Viertel auf den Rest der Welt mit vor allem Europa sowie Israel als Hochtechnologieland, das "auch außerhalb des Security-Sektors viele spannende Unternehmen" bietet.

Das Engagement in Europa sei stärker auf die Beteiligung an VC-Fonds und eher auf die frühen Phasen der Start-ups ausgerichtet. Auch in Deutschland sei Sapphire Ventures aktiv über Start-up-Fonds und scanne intensiv den Markt.


   Trends für eigene Priorisierung 

Gerade durch die Transformation hin zur Cloud, die SAP seit Oktober fokussiert angeht, kann über die innovativen Tech-Unternehmen im Portfolio und in der Beobachtung von Sapphire zusätzlicher Nutzen entstehen. Denn "wir können daraus auch Trends für unsere eigene Priorisierung ableiten", unterstreicht Mucic. Neben den Erträgen profitiert SAP auch inhaltlich, denn "Partnerschaften mit Unternehmen aus dem Sapphire-Ventures-Portfolio und die Zusammenarbeit mit diesen Firmen sind wichtige Elemente".

Eigenakquisitionen durch den Konzern sind dabei aber selten. In der gesamten 25-jährigen VC-Historie von SAP "haben wir weniger als eine Handvoll der Unternehmen, in die wir investiert haben, tatsächlich übernommen". Wichtiger sei, den Start-up-Unternehmern, wenn es inhaltlich Sinn ergibt, Brücken in unser Ökosystem hinein zu bauen".

Ob Nutzen für SAP über Erträge durch Exits oder Inhalte: In jedem Fall ist Sapphire Ventures in den vergangenen fünf Jahren spürbar gewachsen. Waren es 2016 rund 2 Milliarden Dollar und 130 Unternehmen, hat sich das Volumen mit der neuen Finanzzusage auf 5,7 Milliarden Dollar und über 170 Unternehmen erweitert. Und in den zehn Jahren seit der Ausgründung der VC-Gesellschaft hat die Mutter SAP von 23 IPOs und 42 Exits durch Übernahmen profitiert.

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

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(END) Dow Jones Newswires

July 27, 2021 05:30 ET (09:30 GMT)