Sanofi ist der zweitgrösste Wert nach Marktkapitalisierung im CAC 40 und weltweit der fünftgrösste Konzern in Pharmabereich hinter Novartis, Pfizer, Roche und J&J. Seit einigen Jahren allerdings stottert der Wachstumsmotor, so dass Sanofi versucht, sich neu zu erfinden.

Wenn es sich auch als schwierig erweist – es ist schneller gesagt als getan, einen Konzern mit 35 Mrd. Euro Umsatz wieder auf den Wachstumspfad zu bringen – hat das Management alle Karten in der Hand, um seine Ziele zu erreichen, vorausgesetzt, man gibt ihm Zeit.

Chart Sanofi

In Wahrheit ist der französische Konzern mit den gleichen Schwierigkeiten konfrontiert wie seine Mitbewerber unter den Grossen der Pharmaindustrie: die Patente der Blockbuster Medikamente, die ihr Vermögen gemacht haben, laufen eines nach dem anderen aus, während auf Grund der kritischen Massen ihre Anstrengungen im Bereich Forschung und Entwicklung unzureichende Erträge generieren.

Um diese Schwierigkeiten zu überwinden, erwerben die „Majors“ eines nach dem anderen die vielversprechendendsten Biotechnotogieunternehmen, und nehmen damit Forschungsprogramme, die erfolgreich und fast «schlüsselfertig» abgeschlossen sind – oder kurz vor dem Abschluss stehen – in ihre Portfolien auf. Werden diese Akquisitionen zu fairen Bewertungen getätigt, so erzielen sie auf lange Sicht durchaus zufriedenstellende Renditen.


Besagte Majors verfügen weiterhin über solide Wettbewerbsvorteile: zusätzlich zu aussergewöhnlich niedrigen Kapitalkosten sind ihre dichten und wohlstrukturierten Vertriebsnetze über alle Regionen verteilt. Hinzu kommt ihr unübertroffenes Know-How im Bereich der Zulassung neuer Behandlungen und der Leitung komplexer Forschungsprogramme.

Wie die Presse regelmässig berichtet, ist externes Wachstum bei Sanofi ein heisses Thema: vor zwei Jahren wurde das Unternehmen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Medivation – spezialisiert auf Onkologie – durch Pfizer und einige Monate später bei der Übernahme von Actelion – dem grössten europäischen Biotechnologieunternehmen – durch Johnson & Johnson überholt.

In beiden Fällen sind die Amerikaner bis zur Belastungsgrenze gegangen haben und Sanofi zum Rückzug gezwungen. Angesichts dieser vermögensstarken Konkurrenz – die, es kommt noch hinzu, von Kapitalkosten nahe Null profitieren – ist der Einkaufswettbewerb hart. Die Bewertungen der Akquisitionsziele erreichen Rekordbeträge.

Der hochangesehene Elias Zerhouni – Sanofis ehemaliger Forschungsmanager – hat mehrfach vor dieser Zunahme risikoreicher Transaktionen gewarnt und angekündigt, dass sich der französische Konzern nicht auf überschäumende Überbietungen einlassen würde. Das vielleicht anschaulichste Beispiel in diesem Zusammenhang war wahrscheinlich Pfizers Vorschlag, Allergan – den Botox-Hersteller – für $ 160 Mrd. zu kaufen!

Während einige Beobachter Sanofi aufs Heftigste dafür kritisiert haben, dass er nicht rechtzeitig die notwendigen Mittel eingesetzt hat, schätzen im Gegenteil andere, zu denen wir zählen, dass die Aktionäre des Konzerns Grund zur Freude haben: unter der Aufsicht von Olivier Brandicourt und Jean-François Dehecq – zwei Elitemanagern – behält nämlich das Management einen umsichtigen Kapitaleinsatz bei und weigert sich, seine Akquisitionen zu einem überteuerten Preis zu bezahlen. Dabei wird der folgende Zusammenhang berücksichtigt: je höher der Transaktionspreis, desto geringer die zu erwartende Rendite.

Sanofis letzte grosse Akquisition – Genzyme, 2011 für knapp unter 16 Mr. Euro erworben – war bemerkenswert lukrativ. Dank dieser transformatorischen Transaktion konnten die Forschungsprogramme des Konzerns neu belebt und der lange Umsatzrückgang in der Diabetes-Sparte, die früher dank dem sehr ertragreichen nordamerikanischen Markt einer der Umsatzspitzenreiter war, ausgeglichen werden.

Ausserdem und trotz unvermeidlicher Ungeduld schreitet die Restrukturierung gut voran. 2017 tauschte Sanofi seinen Geschäftsbereich «Tiergesundheit» – Merial, mit einem Wert von 6,7 Mrd. Euro – sowie einem Cashbonus von 4,7 Mrd. Euro gegen die Sparte «Gesundheitspflege» des deutschen Unternehmens Boehringer Ingelheim ein und wurde somit, mit beinahe fünf Mrd. Euro Umsatz, Weltmarktführer für nicht verschreibungspflichtige Medikamente.

Im Einklang mit seiner Strategie, sich in Segmenten mit hoher Wertschöpfung wie der Onkologie oder der Behandlung seltener Krankheiten neu zu positionieren, hat Sanofi Anfang des Jahres zwei ermutigende Akquisitionen getätigt: für 9,5 Mrd. Euro wurden Bioveritav – mit Schwerpunkt Hämophilie – und knapp eine Woche später für 2,9 Mrd. Euro die belgische Firma Ablynx – deren vielseitige Pipeline sich über die Bereiche Onkologie, Entzündungskrankheiten und Hämatologie erstreckt – übernommen.

Im April dieses Jahres verkaufte Sanofi für 1,9 Mrd. Euro seine Generika-Sparte an den Private Equity Investor Advent, was in etwa dem Betrag entspricht, der neun Jahre früher für den Erwerb des tschechischen Unternehmens Zentica ausgegeben worden war, um damit im Generika-Segment Fuss fassen zu können. Dieses neue Geschäftsfeld hat sich offensichtlich nicht bezahlt gemacht: unter dem starken Druck, den die Regierungen und Versicherungsgesellschaften ausgeübt haben, um den Preis der Behandlungen zu senken, ist sie ebenfalls sehr wettbewerbsintensiv – hochangesiedelte Player wie Teva oder Mylan zögern nicht, ihre Margen zu opfern, um zusätzliche Marktanteile zu erobern.

Abschliessend sei erwähnt, dass der Konzern seine Forschungsanstrengungen fortsetzt und gute Fortschritte zu erzielen scheint, beispielsweise um die gigantischen Märkte der Ekzem- und Asthmabehandlung mit verschiedenen Versionen von Dupixent, einem potenziellen zukünftigen Blockbuster, den Analysten sehr aufmerksam verfolgen, anzugehen. Diese grossen Verschiebungen zeigen den Willen des Managements, Sanofi wieder auf Forschung und Vermarktung von Behandlungen mit hohem Mehrwert auszurichten – dort, wo die Margen und Kapitalrenditen höher liegen.

Die Bilanz ist äusserst solide, denn die Nettoverschuldung entspricht nun etwa drei bis vier Jahresgewinnen. Bei einem Aktienkurs von 75 Euro wird Sanofi mit einem 2018er KVG von ...... bewertet. Diese Bewertung scheint leicht unter derjenigen seiner Mitbewerber zu liegen, obwohl sie vor vergleichbaren Herausforderungen stehen. Die Dividendenrendite von ... % ist komfortabel durch den freien Cashflow gedeckt und liegt um ein Vielfaches über den Renditen AA oder AAA gerateter Anleihen; ein steigender Aktienkurs wird somit zu einer Wachstumsoption nimmt die Form eines Bonus an.

Sollte es dem Management gelingen, die jüngsten Übernahmen so gut zu integrieren, wie es ihm im Fall von Genzyme gelungen war, dürfte sich die Wahrnehmung des Marktes vermutlich radikal ändern: eine deutliche Expansion des KGV – und somit höhere Kurse – wäre die Folge.