Bei einem Aktienkurs von 35 Euro wirkt die Marktkapitalisierung von unter 2 Milliarden Euro im Vergleich zum Buchgewinn von 1,1 Milliarden Euro, der 2022 erzielt wurde, abwegig. Abseits der üblichen zyklischen Effekte sollte man tiefer blicken - und nicht nur auf eine Bewertung von weniger als dem Doppelten der Gewinne achten.
Erstens ist der Unternehmenswert von Salzgitter wesentlich höher als die Marktkapitalisierung. Man muss die langfristigen Schulden von 2,5 Milliarden Euro, die Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Rentenplan und weitere Rückstellungen berücksichtigen.
Zweitens neigen kapitalintensive Geschäfte dazu, die tatsächliche Ertragskraft eines Unternehmens in den bilanziellen Ergebnissen systematisch zu überschätzen: Die Investitionen übersteigen die Abschreibungen, und das Working Capital bindet hier erhebliche Mittel.
In den letzten zehn Jahren erzielte Salzgitter insgesamt 974 Millionen Euro an Buchgewinnen, aber nur 22 Millionen Euro an Cash-Gewinn, also "Free Cash-Flow". Die 185 Millionen Euro an ausgeschütteten Dividenden wurden durch eine Erhöhung der Verschuldung um 760 Millionen Euro gedeckt.
Diese dürftige Performance steht in Relation zum Unternehmenswert - Marktkapitalisierung zuzüglich langfristiger Finanzverbindlichkeiten - von 4,5 Milliarden Euro, was plötzlich weitaus weniger verlockend erscheint.
Die Rentabilität des eingesetzten Kapitals ist unterdessen äußerst niedrig, selbst bei Einsatz von Fremdkapital. Der Aktienkurs spiegelt diese nicht vorhandene, nach Inflation sogar negative Wertschöpfung gut wider, indem er genau auf dem Niveau von vor zehn Jahren verharrt. Vorsicht ist also durchaus angebracht bei trügerischem Schein.