Von Dan Gallagher

SAN FRANCISCO (Dow Jones)--Salesforce hat wieder jemanden für die Doppelspitze gefunden. Es wird nach wie vor kein Kinderspiel. Der US-Konzern hat zwar seinen Fokus auf Profitabilität gestärkt, aber Anleger fordern auch ein hohes Wachstumstempo ein.

Anlässlich der Ergebnismitteilung zum dritten Quartal teilte der Cloud-Software-Pionier am späten Dienstag mit, dass Bret Taylor, der seit 2019 als Chief Operating Officer des Unternehmens fungiert, zum Co-CEO ernannt wurde. Er wird somit Seite an Seite mit dem langjährigen Chef und Gründer Marc Benioff arbeiten. Es ist der zweite Versuch des Unternehmens, diese ungewöhnliche Führungsstruktur mit der Doppelspitze zu etablieren. Der erste endete nach 18 Monaten, als Co-CEO Keith Block im Februar 2020 ausschied.

Man könnte meinen, Taylor habe einen coolen Job geerbt. Die Salesforce-Aktie erlebte in letzter Zeit einen Höhenflug: Sie ist in den vergangenen sechs Monaten um 20 Prozent gestiegen und hatte sich deutlich besser entwickelt als die Aktien von Cloud-Anbietern. Die starke finanzielle Performance des Unternehmens hatte die Anleger überzeugt und half, Bedenken wegen der vor einem Jahr angekündigten Übernahme von Slack Technologies für fast 28 Milliarden US-Dollar abzuschütteln.


   Marge gerät zunehmend in den Fokus der Anleger 

Die Ergebnisse des Unternehmens für das dritte Quartal waren jedoch nicht ganz so blendend, und die Umsätze lagen leicht unter den Prognosen der Wall Street. Auch die Umsatzerwartungen für das laufende und das nächste Quartal unterschreiten leicht die Erwartungen der Analysten. Und so sank der Aktienkurs des Unternehmens nach der Ergebnismitteilung um sechs Prozent.

Diese Reaktion ist ein Zeichen dafür, dass sich die Anleger immer noch nicht ganz an das neue Salesforce gewöhnt haben. Der langjährige Fokus des Unternehmens auf schnelles Wachstum hat einen Riesen auf dem Gebiet der Business Software geschaffen. Heute erwirtschaftet er einen Jahresumsatz von fast 25 Milliarden US-Dollar und damit doppelt so viel wie noch vor drei Jahren. Doch die Anleger schienen des Ansatzes "Wachstum um jeden Preis" überdrüssig zu werden. Eine Reihe großer Übernahmen durch das Unternehmen hatte der Aktie öfters den Wind aus den Segeln genommen. Ein stärkeres Augenmerk auf die Verbesserung der Rentabilität erntete daher Beifall. Die Salesforce-Aktie ist um zehn Prozent gestiegen, seit das Unternehmen im September vor Analysten mitteilte, dass die bereinigten operativen Margen in seinem im Januar 2023 endenden Geschäftsjahr voraussichtlich einen Rekordwert von 20 Prozent erreichen werden.


   Corona-Auswirkungen treiben Effizienz dauerhaft 

Das Unternehmen hielt am Dienstag an diesem Ziel trotz der etwas schwächeren Umsatzprognose für die nahe Zukunft fest. Die durch die Pandemie verursachten Veränderungen halfen Salesforce, seine Effizienz zu steigern. Weniger Geschäftsreisen und der weitgehende Wegfall von Großveranstaltungen wie der jährlichen Dreamforce-Konferenz des Unternehmens haben dazu beigetragen, dass die Vertriebs- und Marketingkosten in den vergangenen neun Monaten auf 44 Prozent des Umsatzes zurückgingen. In den vergangenen drei Geschäftsjahren lagen diese Kosten bei durchschnittlich 46 Prozent. Die Geschäftsleitung geht zweifelsfrei davon aus, dass diese Veränderungen von Dauer sein werden. Taylor betonte am Dienstag gegenüber Analysten, dass "wir alle wissen, dass wir nicht fünf Tage die Woche im Büro sein werden".

Wenn das Ziel von 30 Milliarden US-Dollar Umsatz im nächsten Geschäftsjahr erreicht werden soll, muss Salesforce beim Vertrieb noch ordentlich Gas geben. Es bleibt abzuwarten, ob das Unternehmen dieses Tempo halten kann, ohne auf größere und teure Übernahmen zurückgreifen zu müssen.

Das neue, profitablere Salesforce scheint bei Anlegern gut anzukommen. Ein bedächtiger wachsendes Unternehmen eher nicht.

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(END) Dow Jones Newswires

December 02, 2021 03:40 ET (08:40 GMT)