FRANKFURT (dpa-AFX) - Bei der Lufthansa-Sanierung hoffen Arbeitnehmervertreter mehrerer deutscher Luftfahrtgesellschaften auf die Unterstützung der Politik. In einem offenen Brief an Bundesregierung und Bundestag prangerten Personal- und Betriebsräte am Mittwoch erneut die geplante Umorganisation eines Teils des Lufthansa-Flugbetriebs als "Tarifflucht auf Steuerkosten" an. Die von den Gewerkschaften unterstützten Arbeitnehmer der Tuifly, Condor und diverser Lufthansa-Gesellschaften forderten die Politik auf, das "beispiellose Vorgehen des Konzerns zur Not durch politische Intervention zu stoppen."

Die in der Corona-Krise teilverstaatlichte Lufthansa will künftig Flüge zu touristischen Zielen auf einer neuen Plattform namens "Ocean" organisieren, bei der nicht die Personalbedingungen des Konzerntarifvertrags gelten sollen. Mehrere hundert Stellen sind bereits ausgeschrieben. Starten sollen die Ferienflieger frühestens ab 2021 auf der Lang- und Kurzstrecke von den Drehkreuzen München und Frankfurt, die bislang weitgehend der Stammgesellschaft Lufthansa vorbehalten sind. Gleichzeitig stehen die Beschäftigten der Lufthansa-Teilgesellschaften Germanwings und Sun Express Deutschland sowie Piloten der Stammmarke vor Entlassungen.

"Im Windschatten der Krise versucht der Konzern sein langgehegtes Projekt "Ocean" durchzuziehen, um in einem wiederholten Anlauf Arbeitsplätze ohne Einfluss von Gewerkschaften aufzubauen und sich erfolgreicher Konkurrenz in diesem Sektor zu entledigen", kritisierte der Vorsitzende der Kabinengewerkschaft Ufo, Daniel Flohr. Es sei "unverfroren und unanständig", einerseits Tausende rauszuwerfen, um anderseits zu 1400 Euro brutto wieder einzustellen.

Die angebotenen Vergütungsbedingungen lägen noch unterhalb des Niveaus von Ryanair, erklärte Verdi-Sekretär Marvin Reschinsky. "Bewerber werden ausschließlich in Teilzeit angestellt, Flugbegleiter können bei Ocean lediglich mit einem Einkommen von etwas über tausend Euro netto rechnen. Damit untergräbt die Lufthansa das deutsche Lohnniveau in der gesamten Branche und schafft ein prekäres Arbeitsumfeld."

Auch die Vereinigung Cockpit befürchtet einen Verdrängungswettbewerb mit den anderen, ebenfalls vom Staat gestützten touristischen Anbietern. "Es wird mitten in der größten Krise der Luftfahrt viel Geld in eine Plattform investiert, bei der mit jahrelangen Anlaufverlusten zu rechnen ist. Wir fordern die Politik auf, genauer hinzusehen, wie mit Milliarden an Staatshilfen umgegangen wird," erklärte der VC-Tarifvorstand Marcel Gröls./ceb/DP/fba