- von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz

Essen/Düsseldorf (Reuters) - Der Energiekonzern RWE legt unter dem neuen Chef Markus Krebber das größte Investitionsprogramm in seiner 123-jährigen Geschichte auf und hält einen schnelleren Kohleausstieg für möglich.

Bis 2030 werde der Konzern rund 50 Milliarden Euro in den Ausbau des Ökostromgeschäfts stecken, teilte RWE am Montag bei einer Investorenveranstaltung mit. Die Ökostromkapazitäten sollen dadurch auf rund 50 Gigawatt steigen. Das bereinigte Ebitda im Kerngeschäft lege so jährlich im Schnitt um neun Prozent zu. Bis 2030 soll das Ergebnis auf fünf Milliarden Euro klettern. Die Aktie legte am Montag zeitweise um mehr als drei Prozent zu.

"Grüner, größer, werthaltiger - das ist RWE im Jahr 2030", erklärte Krebber, der im Mai vom langjährigen Vorstandschef Rolf Martin Schmitz die Führung des größten deutschen Stromerzeugers übernommen hatte. "Die 2020er Jahre sind die Schlüsseldekade auf dem Weg zur Klimaneutralität", betonte der 48-Jährige. Jetzt entscheide sich, ob die Klimaziele erreichbar blieben. "Es geht darum, den gigantischen Bedarf an grüner Energie zu decken." Der Klimagipfel in Glasgow habe deutlich gemacht, dass dringender Handlungsbedarf betehe.

RWE hat sich in den vergangenen Jahren vom Atom- und Kohle-Dino zu einem der größten Ökostromerzeuger Europas gewandelt. Allerdings gehört der Ruhrkonzern mit seinem Braunkohle-Tagebau und den Kohlekraftwerken auch immer noch zu den größten Produzenten klimaschädlichen Kohlendioxids. Bislang ist der Kohleausstieg in Deutschland bis 2038 geplant. Kommt es zu einer Ampel-Koalitionsregierung, könnte dieses Ziel auf 2030 vorgezogen werden.

"Wir haben klare Signale genannt, dass wir gesprächsbereit sind, dass wir konstruktiv daran arbeiten wollen", entgegnete Krebber auf die Frage nach einem früheren Kohleaussstieg. Es müssten aber eine Reihe von Dingen von einer neuen Bundesregierung auf den Weg gebracht werden. Es müsse einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Netze, der Speicher und der gesicherten Leistung geben. "Bei RWE hat der Kohleausstieg längst begonnen. Es kann gelingen, ihn nach vorne zu ziehen, wenn der konsequente Ausbau der neuen Technologien tatsächlich massiv beschleunigt wird." Im übrigen stehe RWE auch in der Verantwortung für die Beschäftigten. Der Konzern beschäftigt im Rheinischen Revier mehrere tausend Mitarbeiter.

UNTERGRENZE FÜR DIVIDENDE KÜNFTIG 90 CENT JE AKTIE

RWE will auch im Wettbewerb mit den ins Erneuerbare-Energien-Geschäft vorpreschenden Ölmultis wie Shell und BP nicht kleckern, sondern klotzen. Das Zubautempo werde deutlich erhöht. Bislang wollte RWE seine Gesamtleistung pro Jahr um durchschnittlich 1,5 Gigawatt steigern. Künftig sollen es im Schnitt 2,5 Gigawatt sein. Auch das Wasserstoff-Geschäft will RWE ausbauen. Bis Ende des Jahrzehnts werde RWE über eigene Elektrolysekapazitäten in einer Größenordnung von zwei Gigawatt verfügen. Im Bereich Windenergie an Land und Solar hat RWE Europa und Nordamerka im Fokus, bei der Windenergie aus See daneben auch noch Asien. In Deutschland will der Konzern zehn bis 15 Milliarden Euro investieren, etwa in Windkraftanlagen, Solaranlagen und Speicher

"Der weitaus größte Teil des Investitionsprogramms wird aus dem starken operativen Cashflow finanziert", kündigte Finanzchef Michael Müller an. "Am Ergebniszuwachs sollen auch unsere Aktionäre teilhaben." Für das Geschäftsjahr 2021 solle die Dividende auf 90 Cent von zuletzt 85 Cent je Aktie steigen. Für die kommenden Jahre plane RWE eine Untergrenze von 90 Cent je Anteilsschein. Langfristig solle die Ausschüttung 50 bis 60 Prozent des bereinigten Nettoergebnisses betragen.