LEVERKUSEN (dpa-AFX) - Der Kunststoffkonzern Covestro will seinen kleinsten Geschäftsbereich für Lacke, Klebstoffe und Spezialprodukte mit einem milliardenschweren Zukauf stärken. Dafür ist der Dax-Konzern bereit, dem niederländischen Chemiekonzern Royal DSM für dessen Geschäftsbereich mit nachhaltigen Beschichtungsharzen 1,61 Milliarden Euro auf den Tisch zu legen. Eine entsprechende Vereinbarung sei unterzeichnet worden, teilte Covestro am Mittwoch in Leverkusen mit. Der Konzern erhofft sich erhebliches Wachstumspotenzial.

Der Zukauf der Sparte Resins & Functional Materials (RFM) sei ein bedeutender Schritt bei der Umsetzung der Strategie, nachhaltige und innovative Geschäftsbereiche gezielt auszubauen, hieß es weiter. Mit der Übernahme steige der Konzern zu einem der weltweit führenden Anbieter in dem attraktiven Wachstumsmarkt für nachhaltige Beschichtungsharze auf. Vorbehaltlich der Genehmigungen durch die Behörden wird der Abschluss der Transaktion für das erste Quartal erwartet.

Covestro will den Zukauf mit Eigen- und Fremdkapital finanzieren sowie durch den eigenen Barmittelfluss. Zu diesem Zweck soll das bereits bestehende genehmigte Kapital für eine Kapitalerhöhung genutzt werden. Damit will der Konzern rund 450 Millionen Euro erlösen.

An der Börse reagierten die Anleger auf den geplanten Deal allerdings zunächst verschnupft: Die Covestro-Aktie verlor im frühen Handel zuletzt fast sieben Prozent. "Die Übernahme erscheint auf den ersten Blick teuer", erklärte Analyst Markus Mayer von der Baader Bank. Der Branchenexperte verwies allerdings auch auf die von Covestro angeführten hohe Synergien, die die Bewertung deutlich senkten. Er rechnete daher nach einer ersten negativen Kursreaktion durchaus mit einer Erholung des Kurses.

Erst Mitte September war die Covestro-Aktie auf das bisherige Jahreshoch bei 48,82 Euro geschnellt, nachdem Spekulationen, über ein Interesse des Finanzinvestors Apollo am Konzern die Runde gemacht hatten.

Covestro unterstrich nun in seiner Mitteilung die strategisch als auch finanziell "ideale Gelegenheit" für die Übernahme. "Mit der Integration von RFM bekommen wir zusätzlichen Schub für unseren Wachstumskurs", sagte Covestro-Chef Markus Steilmann. Er verwies auf Größenvorteile sowie die künftig breiteren technischen Möglichkeiten. Hinzu kommt das Synergiepotenzial durch die Integration, es soll bis 2025 auf jährlich rund 120 Millionen Euro steigen.

Im vergangenen Jahr hatte es der bisherige DSM-Geschäftsbereich nach Unternehmensangaben auf einen Erlös von einer Milliarde Euro gebracht. Zum Vergleich: Die Covestro-Sparte für Lacke, Klebstoffe und Spezialprodukte hatte rund 2,4 Milliarden Euro erwirtschaftet.

Durch die sich ergänzende geografische Abdeckung erweitert Covestro mit der Übernahme sein weltweites Produktionsnetz um mehr als 20 Standorte. Gleichzeitig soll der Zukauf den Konzern weniger abhängig von einzelnen Kundenindustrien machen. Dem Hersteller hatte zuletzt vor allem die Schwäche in der Autoindustrie zu schaffen gemacht.

Nun rechnet sich Covestro-Chef Steilmann unter anderem neue Chancen im Telekommunikationssektor aus, da das Unternehmen künftig zu den führenden Anbietern für Glasfaserkabelbeschichtungen gehöre. Dieses Marktsegment habe insbesondere durch den Ausbau der 5G-Technologie "starkes Zukunftspotenzial". Seine Position stärkt Covestro auch bei den Polymeren für den 3D-Druck, für die der Markt im Schnitt jährlich um 20 Prozent wachse./tav/ssc/jha/