Winterthur (awp) - Der Textilmaschinenhersteller Rieter hat sich im ersten Semester spürbar von der Flaute in der zweiten Jahreshälfte 2016 erholt. Das Management bleibt jedoch beim Ausblick auf die nächsten Monate vorsichtig. Und die Übernahme der Firma SSM sorgt vorläufig für keine höheren Mittelfristziele. An der Börse kommt dies nicht gut an.

Die Nachfragedelle scheint überwunden: Rieter hat im ersten Halbjahr Bestellungen im Wert von 495,2 Mio CHF an Land gezogen. Das war zwar 3% weniger als im Vorjahreszeitraum, aber auch 26% mehr als im zweiten Semester 2016, als nicht einmal die 400-Mio-CHF-Marke erreicht wurde. "Unser Bestellungsbestand reicht nun bereits ins Jahr 2018", frohlockte CEO Norbert Klapper.

Die Nachfrage habe seit März angezogen, sagte er weiter. Dies gelte vor allem für das wichtige Neumaschinengeschäft. Dabei sei der niedrige Auftragseingang aus der Türkei durch Projekte aus anderen Regionen weitgehend kompensiert worden.

TIEFERE ERWARTUNG

Die Höhe des Bestellungseingangs war für die Analysten eine positive Überraschung. Sie hatten im Schnitt mit einem deutlich tieferen Wert gerechnet. Gleichwohl gerieten die Rieter-Aktien an der Börse stark unter Druck. Aktuell (14 Uhr) notieren sie 5,9% unter dem Vortageswert und sind damit mit grossem Abstand grösste Verlierer im SPI.

Händler erklärten sich dies mit Gewinnmitnahmen, weil die Aktien in den letzten Wochen und Monaten einen guten Lauf hatten. Und als Auslöser dafür wurde ein enttäuschend vorsichtiger Ausblick des Managements genannt.

STABILE NACHFRAGE

Der Trend des ersten Halbjahres könne nicht einfach auf das Gesamtjahr fortgeschrieben werden, sagte CEO Klapper. "Eine solche Erwartung wäre zu ambitioniert." Insgesamt rechnet der Konzernchef für das zweite Semester mit einer Nachfrage auf dem Niveau des ersten Halbjahres.

Zudem wird nun mit einem leicht höheren Umsatz gerechnet (bislang: Umsatz auf Vorjahreshöhe). Begründet wird dies neben dem besseren Nachfrage mit der Übernahme von SSM Textilmaschinen, die vor wenigen Wochen bekannt gegeben wurde.

Beim EBIT werde diese Übernahme hingegen noch keine positive Wirkung entfalten, sondern sich wohl neutral auswirken, hiess es weiter. Insgesamt wird der EBIT (vor Restrukturierungskosten) wegen des Produkt- und Ländermixes nun sogar leicht unter dem Vorjahr erwartet. Bislang war auch für die Profitabilität ein Wert auf Vorjahreshöhe prognostiziert worden. Auch an den Mittelfristzielen ändert die SSM-Übernahme vorläufig nichts, wie der CEO sagte.

LEICHT TIEFERER UMSATZ

Die eigentliche Erfolgsrechnung rückte dabei etwas in den Hintergrund. Der Umsatz sank gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 5% auf 415,2 Mio CHF und verpasste damit die Konsenserwartungen leicht. Innerhalb der Absatzregionen gab es grössere Verschiebungen. So wurde mit türkischen (+55%) und indischen (+16%) Kunden mehr Umsatz erzielt, während die Verkäufe nach China (-20%) und ins restliche Asien (-27%) abnahmen.

Trotz des geringeren Umsatzes steigerte Rieter die Profitabilität. Der EBIT erhöhte sich um 1,9% auf 16,0 Mio CHF und die entsprechende Marge auf 3,9% von 3,6%. Unter dem Strich steht ein Reingewinn von 10,9 Mio nach 11,0 Mio CHF im Vorjahr. Damit wurden die Analystenprognosen in etwa erfüllt.

Die höhere Rentabilität begründet das Unternehmen unter anderem mit dem Sparprogramm, von dem primär der Standort Winterthur betroffen war. Dadurch habe das Neumaschinengeschäft den Verlust auf 3,8 Mio von 12,1 Mio CHF reduziert. Im Komponentengeschäft sei hingegen der EBIT wegen des Produktmixes und einer geringeren Auslastung einzelner Werke rückläufig gewesen.

Keine Neuigkeiten gab es zu den Restrukturierungen am Standort Ingolstadt. Bekanntlich will Rieter die dortige Produktion nach Tschechien verlagern. Die Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretungen dauerten an, hiess es lediglich dazu. CEO Klapper hofft auf einen Abschluss bis Ende Jahr.

rw/ra