Ein Damoklesschwert hängt über den traditionellen europäischen Apotheken. Auch wenn sie weiterhin eine der letzten Bastionen des traditionellen Handels auf dem alten Kontinent verteidigen, wird es für sie schwierig sein, auf Dauer gegen ihre Online-Konkurrenten anzutreten.
In diesem Zusammenhang lässt sich beobachten, dass der Online-Handel mit pharmazeutischen Produkten in Südeuropa noch zögerlich ist, in Nordeuropa jedoch stetig zunimmt. Dies wird durch die jüngsten Jahresergebnisse von Redcare Pharmacy bestätigt, die früher unter dem Namen "Shop Apotheke" bekannt war.
Die Plattform von Redcare hat sich 2022 als europäischer Marktführer in der Branche etabliert. Durch den Zusammenschluss mit Mediplus, einem Spezialisten für die Lieferung von Medikamenten für chronische Erkrankungen, konnte der Abstand im folgenden Jahr zum Schweizer Unternehmen DocMorris – früher "Zur Rose" – noch weiter ausgebaut werden.
Redcare verzeichnet mittlerweile 12,5 Millionen Kunden. Das ist doppelt so viel wie vor fünf Jahren und fast zehnmal so viel wie vor zehn Jahren. Das vergangene Jahr war geprägt von der Einführung des elektronischen Rezepts in Deutschland, fünf Jahre nach dem Gesetz, das die Einführung dieses Instruments besiegelte.
Dies führte zu einem Anstieg der Verkäufe im Rezeptsegment der Plattform um 64% im Jahr 2024. Der Nicht-Rezept-Bereich hingegen hielt ein zufriedenstellendes Wachstumstempo von 21% bei. Insgesamt stieg der Umsatz um 32%, was deutlich über der seit 2020 beobachteten jährlichen Wachstumsrate von 23% liegt.
Nur wenige Wochen nach dieser strategischen Entwicklung für Redcare fiel die Börsenbewertung jedoch um fast ein Viertel. Der Markt rechnete nämlich mit einem negativen Einfluss auf den Betriebsgewinn, da weder Redcare noch DocMorris bisher ein profitables Wachstum sicherstellen konnten.
Siehe dazu unseren letzten Kommentar zu den Ergebnissen von Shop Apotheke Europe N.V.: Weiterhin unprofitables Wachstum.
Obwohl die Bilanzen von Redcare immer noch nicht im grünen Bereich sind, gibt das Unternehmen dem Markt seit 2023 – wie zu Beginn der Pandemie – Garantien, indem es einen sehr bescheiden positiven Betriebsgewinn vor Investitionen und Aktienoptionen ausweist.
Es muss gesagt werden, dass es kaum eine andere Wahl hat, da die Finanzierungsmöglichkeiten für Wachstumsunternehmen in Europa quasi ausgetrocknet sind. So musste die Gruppe im Jahr 2023 die Akquisition von 51% des Schweizer Unternehmens Mediplus mit eigenen Aktien finanzieren, deren Bewertung weit unter ihren Höchstständen lag.
Obwohl Redcare immer noch mit dem Faktor eins zum Umsatz bewertet wird, verbrennt das Unternehmen weiterhin Cash, wenn auch in vernünftigen und vor allem gut kontrollierten Proportionen. Hoffen wir, dass diese straffe Verwaltung es Redcare ermöglicht, eine zukünftige Refinanzierung vorzubereiten, die dem Unternehmen die Mittel für seine Ambitionen gibt.
Eines ist jedoch sicher: Ein deutlich positives EBITDA im nächsten Quartal – insbesondere dank des Aufschwungs des elektronischen Rezepts in Deutschland – würde der seit langem auf demselben Niveau verharrenden Bewertung einen kräftigen Schub geben.