Von Carol Ryan

LONDON (Dow Jones)-Der britische Hersteller von Lysol und anderen Desinfektionsmittelmarken punktete als klarer Gewinner der Pandemie. Doch jetzt zweifeln Anleger daran, dass bei Reckitt Benckiser der Umsatzboom des Vorjahres anhalten wird, was auf den zweiten Blick übertrieben pessimistisch erscheint.

Das Unternehmen, zu dem auch Marken wie Durex-Kondome und Mucinex-Erkältungsmittel gehören, vermeldete zuletzt, dass der Umsatz im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2019 um beispiellose 11,8 Prozent zulegte. Dabei sind die Auswirkungen von Portfolioveränderungen und Wechselkursschwankungen herausgerechnet. Die operativen Margen sanken zwar, während das Unternehmen stark in Forschung und Entwicklung investierte. Der Konzern verbesserte vor allem aber seine Lieferkette und expandierte in neue Märkte - so brachte er seine Desinfektionsmittelmarken beispielsweise nach Brasilien und in die Türkei.


   Aktie ist billig zu haben 

Die Reckitt-Aktionäre scheinen zu meinen, dass das Beste vorbei sei. Die Prognose des Unternehmens, dass der Umsatz im Jahr 2021 nur um 0 bis 2 Prozent wächst, hat nicht gerade geholfen. Der Aktienkurs von Reckitt befindet sich wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie, nachdem er seit seinem Höchststand im vergangenen Sommer um rund 25 eingebrochen ist. Derweil wird die Aktie mit dem 18,7-Fachen der erwarteten Gewinne gehandelt. Das ist billig für ein Unternehmen aus dem Bereich der Basiskonsumgüter - obwohl Konkurrenten wie Unilever in den vergangenen Wochen ebenfalls unterdurchschnittlich abschnitten, da sich die Investoren mehr auf die wirtschaftliche Erholung konzentrieren.

Selbst wenn die Nachfrage nach Reinigungsprodukten nachlässt, ist eine Portfolioumstrukturierung im Gange, um kränkelnde Marken auszusortieren. Reckitt hat sein chinesisches Säuglingsnahrungsgeschäft auf den Prüfstand gestellt. Es ist ein Eingeständnis, dass der 17-Milliarden-Dollar-Kauf von Mead Johnson durch das vorherige Management-Team im Jahr 2017 - eine teure Wette auf den chinesischen Babynahrungsmarkt - in die Hose gegangen ist.


   Trennung von kränkelnden Geschäftsfeldern 

Reckitt ist nicht der einzige ausländische Babynahrungshersteller, der in China zu kämpfen hat. Der lokale Konkurrent Feihe nimmt Nestlé und Danone ebenfalls Marktanteile ab, und die Geburtenrate in China ist laut offiziellen Statistiken im vergangenen Jahr um 15 Prozent gesunken. Reckitt teilte zuletzt außerdem mit, dass der Konzern sich von der Fußpflegemarke Scholl für einen ungenannten Betrag getrennt habe. Zusammen trugen diese beiden relativ schwachen Geschäftsfelder rund 8 Prozent zum Umsatz von Reckitt bei.

Sofern die Pandemie die Verbraucher langfristig keimbewusster macht, sollten laut dem Management die eigenen Hygienemarken um bis zu 5 Prozent pro Jahr wachsen. Vor der Corona-Krise waren es nur 4 Prozent. Im Jahr 2020 fügte der Konzern außerdem neue Geschäftsfelder hinzu.


   Verträge mit British Airways und Hilton 

Reckitt hat Verträge mit Fluggesellschaften wie British Airways und der Hotelkette Hilton abgeschlossen, um den Verbrauchern die Sicherheit zu geben, dass bestimmte Reinigungsprotokolle auch eingehalten werden. Diese Verträge werden 2021 etwa 1 Prozent zum Umsatzwachstum beitragen, wie Reckitt schätzt. Die den Himmel stürmende Nachfrage des vergangenen Jahres nach Produkten wie Lysol war nie nachhaltig. Dennoch sollte Reckitt Benckiser geschliffener aus der Krise hervorgehen, als es dem Unternehmen aktuell zu Gute gehalten wird.

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(END) Dow Jones Newswires

February 24, 2021 11:04 ET (16:04 GMT)