Kommentare, Einschätzungen und Entwicklungen zur Energieversorgung und -sicherheit in Deutschland:


EU-Kommission will deutsche Gaspreisbremse genau prüfen 

Die Europäische Kommission will die von der Bundesregierung angekündigte Gaspreisbremse genau prüfen. Die Kommission sei "wachsam", sagte Binnenmarktkommissar Thierry Breton am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. In der EU gibt es Befürchtungen, das kreditfinanzierte Paket von bis zu 200 Milliarden Euro könnte den Wettbewerb verzerren. Die Kommission werde sich das deutsche Vorhaben "in den kommenden Tagen sehr genau anschauen", sagte Breton. Der scheidende italienische Regierungschef Mario Draghi hatte zuvor in Rom vor "gefährlichen und ungerechtfertigten Verzerrungen des Binnenmarktes" gewarnt, wenn sich die EU-Staaten mit Entlastungspaketen überböten. Europa müsse "in der Krise zusammenhalten", forderte er.


Erneuerbaren-Branche warnt vor Rückwirkung der EU-Strompreisbremse 

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) hat nach dem Beschluss des EU-Ministerrats zum Rahmen für die Strompreisbremse vor rückwirkenden Maßnahmen gewarnt. Kritisch bewerte der BEE die fehlende Aussage zu rückwirkenden Maßnahmen. "Der Rat hat die Chance verpasst, solche Eingriffe zu verbieten", sagte BEE-Präsidentin Simone Peter. Ein rückwirkender Eingriff wäre ein klarer Bruch mit dem Prinzip der Investitions- und Planungssicherheit und könnte existenzbedrohliche Auswirkungen haben. "Jetzt muss die Bundesregierung dafür Sorge tragen, dass es nicht dazu kommt", forderte Peter. Der Rat will die Feinheiten der Ausgestaltung den Mitgliedsstaaten überlassen. "Diese Möglichkeiten sollte der Gesetzgeber nutzen, um maßgeschneidert und zielgerichtet zu agieren."


Versorger wollen MWSt-Senkung auf Gas eins zu eins weitergeben 

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat versichert, dass die Versorger die am Freitag beschlossene Mehrwertsteuersenkung auf Gas und Fernwärme "eins zu eins" an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben werden. Das sei "selbstverständlich", erklärte der Verband. Die Fernwärme sei erst in den vergangenen Tagen mit in die Steuersenkung aufgenommen worden - "hier werden die Energieversorger mit Hochdruck die notwendigen Anpassungen vornehmen".


BDEW: Erlösobergrenze darf Stromangebot nicht verringern 

Die deutsche Energiewirtschaft hat sich skeptisch zu der von der EU beschlossenen Erlösobergrenze für Strom geäußert. Die Branche stehe bereit, ihren Beitrag zur Bewältigung der Krise zu leisten, erklärte Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung. Es sollte aber diskutiert werden, ob eine Erlösobergrenze das geeignete Instrument sei, um die erforderlichen Einnahmen zu erzielen, oder ob ein Steuermodell sinnvoller wäre. "Es ist zu befürchten, dass Stromerzeuger auf abgesicherte langfristige Verträge verzichten und sich nur noch auf den Spotmarkt konzentrieren werden", warnte Andreae. "Die Folge: Der Terminmarkt trocknet aus und gut kalkulierbare Festpreisverträge werden kaum noch angeboten." Die Bundesregierung sei gefordert, für eine praktikable Umsetzung in Deutschland zu sorgen, ohne den Investitionsstandort Deutschland zu gefährden.


Weil fordert Hilfen für die chemische Industrie 

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) fordert in der aktuellen Energiekrise von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) "eine schnelle Antwort auf die Frage, wie unsere Industrie unter diesen Bedingungen wettbewerbsfähig bleiben kann". Er beobachte mit Sorge, "was sich gerade in der chemischen Industrie abspielt", sagte der SPD-Spitzenkandidat für die niedersächsische Landtagswahl am 9. Oktober dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Es gebe enorme Produktionsrückgänge und -verlagerungen ins Ausland. "Das ist ein Alarmsignal", sagte Weil. "Viele chemische Produkte brauchen wir in der Wertschöpfungskette.« Ohne die Vorprodukte der chemischen Industrie könne man beispielsweise kein Auto bauen.


Bundeskabinett beschließt Aufhebung der Gasumlage 

Das Bundeskabinett hat am Freitag im Umlaufverfahren die Aufhebung der Gasumlage beschlossen. Der am Vortag verkündete Abwehrschirm zur Dämpfung der Gas- und Strompreise ersetze die Gasbeschaffungsumlage "wirkungsvoll und umfassend", wie das Bundeswirtschaftsministerium erklärte. Die Gasumlage hätte am morgigen Samstag in Kraft treten sollen. Diese als "Gaspreisanpassungsverordnung" bekannte Umlage war Anfang August vorgeschlagen worden. Sie werde nun "rückwirkend und in Gänze" außer Kraft gesetzt. "Ansprüche auf den Ausgleich der Ersatzbeschaffung sind auf Basis der Gaspreisanpassungsverordnung somit nicht entstanden", so das Ministerium.


IfW: Wumms-Rhetorik ist falsche Ansprache in einer Energiekrise 

Der Vizepräsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Stefan Kooths, hat angesichts des Unterstützungspakets der Bundesregierung zur Verringerung des Gasverbrauchs gemahnt. "Wumms-Rhetorik ist die falsche Ansprache in einer Energiekrise. Es wäre verheerend, wenn Verbraucher und Unternehmen aus dem so genannten Abwehrschirm schlössen, sie seien nun ihre Energiesorgen los, weil der Staat alles über Kredite bezahlt", erklärte er. Vielmehr komme es darauf an, den Gasverbrauch zu drosseln. Gelinge es nicht, ihn um 20 Prozent zu senken und die Gaslieferungen im angepeilten Maß zu steigern, drohe eine Gasmangellage, in der Gas für die Industrie rationiert werden müsste. "In diesem Fall droht ein drastischer Einbruch der Wirtschaftsleistung", warnte der Ökonom.


Städte und Gemeinden fordern Schutz vor "Energiearmut" 

Europäische Städte und Gemeinden dringen auf einen wirksamen Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern vor "Energiearmut". Das geht laut einer am Freitag in Frankfurt am Main veröffentlichten Mitteilung aus einer gemeinsamen Resolution der im Klimabündnis zusammengeschlossenen rund 2000 Kommunen hervor. "Der Schutz gefährdeter Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen muss Priorität haben, wenn wir eine gerechte Energiewende gewährleisten wollen", erklärte dazu der Vorsitzende des Bündnisses, Kölns Bürgermeister Andreas Wolter. Dafür müsse sowohl auf europäischer wie auf nationaler Ebene ein geeigneter Rechtsrahmen geschaffen werden.


Nur ein Drittel der deutschen Unternehmen hat einen Notfallplan fu?r die Energiekrise 

Trotz der monatelangen Gaskrise haben sich nur wenige Firmen in Deutschland systematisch darauf vorbereitet, dass ihnen die Energie ausgehen könnte. Nur knapp ein Drittel, 29 Prozent, haben einen Notfallplan, wie laut einem Spiegel-Bericht aus der aktuellen Randstad-Ifo-Befragung von gut 700 Personalleitern hervorgeht. Vor allem kleine Betriebe tun sich demnach mit Notfallplänen schwer. In der Größenklasse bis 49 Mitarbeitende liege der Anteil nur bei 15 Prozent, bei mehr als 500 Beschäftigten immerhin bei 60 Prozent. Zugleich gaben mehr als 90 Prozent der Befragten an, dass ihr Betrieb bereits unter den steigenden Kosten in der Energiekrise leide, aber auch unter mangelnder Planbarkeit des Geschäfts und schlechter Stimmung in den Belegschaften.


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September 30, 2022 10:57 ET (14:57 GMT)